Autoritäre Tendenzen befürchtet

Edi Rama steht in Albanien vor viertem Wahlsieg

Albaniens Premier Rama bei einem Wahlkampfauftritt in Tirana.
© imago/Dibra

An Premier Edi Rama führt kein Weg vorbei, Beobachter sehen autoritäre Tendenzen. Korruptionsbekämpfung bleibt Reizthema.

Tirana – Seit zwölf Jahren ist Edi Rama die unangefochtene Spitzenfigur der Politik in Albanien. Das dürfte sich für den Regierungschef auch nach der Parlamentswahl diesen Sonntag nicht ändern. Die Umfragen sagen ihm und seiner Sozialistischen Partei (PS) zwar keine großen Zugewinne, aber den Erhalt der alleinigen Macht voraus. Der 60-Jährige steht also nach 2013, 2017 und 2021 vor dem vierten Wahlsieg in Folge.

Die PS stellt derzeit 72 der 140 Parlamentsabgeordneten, hat also eine knappe Mandatsmehrheit. Auch in der nächsten Legislaturperiode dürfte sie keinen Koalitionspartner brauchen: Zwei aktuelle Umfragen sagen der PS wieder um die 50 Prozent voraus. Ihr Hauptgegner, ein oppositionelles Wahlbündnis unter Führung der Demokraten (PD), liegt bei 35 bis 38 Prozent.

Keine Gegner für Rama

Dass sich nach zwölf Jahren an der Macht kaum Verschleiß bei Rama und den Sozialisten einstellt, hat mehrere Gründe. Die Wirtschaft des Adria-Balkan-Landes wächst vor allem wegen des boomenden Tourismus. In Tirana schießen seit Ramas Amtsantritt die Hochhäuser nur so aus dem Boden. Die klaren Machtverhältnisse zugunsten der PS, die sich mittlerweile auch auf die meisten Städte und Gemeinden erstreckt, haben eine Stabilisierung herbeigeführt. Politische Gegner hat Rama keine zu befürchten. PD-Chef Sali Berisha hat sich in einem innerparteilichen Machtkampf längst selbst demontiert. Und auch im eigenen Lager hat Rama alle Widersacher ausgeschaltet.

EU-Beitritt als nationales Ziel

Am wichtigsten aber: Die EU-Beitrittsverhandlungen sind auf Schiene. Rama kann sich deren Beginn 2022 gutschreiben, zugleich ist die EU-Mitgliedschaft kein Streitthema in Albanien. Albaniens kommunistischer Diktator Enver Hoxha hatte Albanien über Jahrzehnte vom Rest der Welt weitgehend isoliert. Die meisten Albaner wollen „endlich“ nach Europa. Korruption und organisierte Kriminalität haben das Land aber nach wie vor im Griff. Sie stellen auch die größte Herausforderung für Albanien bei den Beitrittsverhandlungen mit der EU dar. Der Handlungsspielraum der vor drei Jahren eingerichteten Sonderstaatsanwaltschaft für Korruptionsbekämpfung soll wieder eingeschränkt werden. Sie wurde den Mächtigen lästig. Rama werden längst autoritäre Tendenzen nachgesagt, etwa dem Beispiel des serbischen Präsidenten Vucic folgend. (TT, APA)