„Befugnisse überschritten“

Herbe Niederlage für Donald Trump: Gericht erklärt Zölle für rechtswidrig

Ein Bundesgericht hat der Zollpolitik des US-Präsidenten einen Riegel vorgeschoeben.
© JIM WATSON

Ein US-Bundesgericht hat der Trump-Regierung die Befugnis abgesprochen, weitreichende Zölle unter Berufung auf ein Notstandgesetz zu verhängen. Das Inkrafttreten der sogenannten „Liberation Day“-Zölle wurde dadurch blockiert. Die Regierung legte umgehend Berufung ein.

Washington, New York – Rückschlag für US-Präsident Donald Trump: Ein Bundesgericht in den USA hat seiner Regierung die Befugnis abgesprochen, weitreichende Zölle unter Berufung auf ein Notstandsgesetz zu verhängen. Damit ist Trumps aggressive Handelspolitik, die Finanzmärkte weltweit erschüttert und auch Privatanleger viel Geld gekostet hat, zumindest vorerst ausgebremst. Seine Regierung legte allerdings umgehend Berufung ein - während die Entscheidung an den Aktienmärkten bejubelt wurde.

Das zuständige Gericht für internationalen Handel in New York ordnete an, die betreffenden Zölle müssten vorerst „aufgehoben und ihre Anwendung dauerhaft untersagt“ werden. Die Entscheidung betrifft fast alle von Trumps Regierung erlassenen Zölle - darunter jene Strafabgaben, die der Republikaner am von ihm so bezeichneten „Liberty Day“ Anfang April verhängt hatte, aber auch bestimmte Zölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China.

Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen. Der juristische Streit wird nun aller Voraussicht nach den Weg durch die Instanzen gehen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Berufungsgericht die Zölle bis zu einer finalen Entscheidung wieder in Kraft setzt. Gegen die Entscheidung des Bundesgerichts kann beim US-Berufungsgericht für den Bundesbezirk in Washington, D.C., und schließlich beim Obersten Gerichtshof der USA Berufung eingelegt werden.

Das in Manhattan ansässige Gericht erster Instanz erklärte am Mittwoch, dass die US-Verfassung ausschließlich dem US-Kongress die Befugnis zur Regulierung des Handels mit anderen Ländern einräume. Die Notstandsbefugnisse des Präsidenten Trump zum Schutz der US-Wirtschaft könnten dies nicht außer Kraft setzen. Der Präsident habe seine Befugnisse überschritten, als er pauschal Zölle auf Importe aus Ländern verhängte, die mehr in die Vereinigten Staaten exportieren als sie importieren.

Trump beruft sich wegen Handelsdefizits auf Notstand

Zölle müssen in der Regel vom US-Parlament genehmigt werden - aber in der Praxis kann der Präsident unter bestimmten Voraussetzungen eigenständig Zölle verhängen. Trump argumentiert, dass Handelsdefizite mit anderen Ländern ein nationales Sicherheitsrisiko seien und damit ein nationaler Notstand bestehe. Mit dieser Begründung verhängte der Republikaner die weitreichenden Zölle per Dekret - und umging in diesem Fall das Parlament. Er nutzte dafür ein Gesetz aus dem Jahr 1977, das noch nie zuvor für Zölle angewandt worden war. Das Gericht in New York kam zu dem Schluss, dass dies nicht rechtens ist.

Kush Desai, ein Sprecher des Weißen Hauses, kritisierte die Entscheidung des Gerichts scharf. Die Handelsdefizite hätten eine nationale Notlage geschaffen, die amerikanische Gemeinden schwäche, Arbeiter in Nöte bringe und die US-Verteidigungsindustrie geschwächt habe, hieß es in einer Erklärung. Nicht gewählte Richter hätten nicht darüber zu entscheiden, wie man mit einem nationalen Notstand umgehe. „Präsident Trump hat versprochen, Amerika an die erste Stelle zu setzen.“

Der stellvertretende Stabschef des Weißen Hauses und einer der führenden politischen Berater Trumps, Stephen Miller, wetterte in den sozialen Medien gegen die Gerichtsentscheidung: „Der Justizputsch ist völlig außer Kontrolle“, schrieb er.

Trump betont regelmäßig, mit den Zöllen Arbeitsplätze zurück in die USA holen und die heimische Produktion ankurbeln zu wollen. Gleichzeitig trat er in Verhandlungen mit mehreren Handelspartnern und nutzte die Zölle als Druckmittel, um Zugeständnisse zu erzwingen. Gerade erst hat Großbritannien einen Handelspakt mit den USA geschlossen, um hohe Zölle abzuwenden. Auch mit China hat die US-Regierung eine Senkung der gegenseitigen Zölle ausgehandelt.

Hauptgegner EU und China

Der US-Präsident hatte sein weitreichendes Zollpaket Anfang April bei einer Veranstaltung im Rosengarten des Weißen Hauses vorgestellt. Mehrere Länder reagierten mit der Ankündigung von Gegenmaßnahmen, während andere den Weg über Verhandlungen suchten.

Besonders gegen die Europäische Union wettert Trump immer wieder heftig. Regelmäßig wirft er den Europäern vor, die USA „abzuzocken“, während er mit höheren Zöllen auf Einfuhren in die Vereinigten Staaten mehr Gleichgewicht im Welthandel erzwingen wolle. Zuletzt spitzte sich der Handelsstreit nochmals zu: Trump drohte der EU überraschend mit Strafzöllen in Höhe von 50 Prozent ab 1. Juni. Wenig später schob er diese Maßnahme um gut einen Monat auf. Nun wollen beide Seiten bis zum 9. Juli eine Lösung finden.

Bei seinem handelspolitischen Konfrontationskurs hat Trump auch die zweitgrößte Volkswirtschaft besonders im Fokus: China ist für ihn der „größte Übeltäter“. Zuletzt gingen beide Seiten bei Gesprächen in Genf einen großen Schritt aufeinander zu.

Seine Zollpolitik ist für Trump auch innenpolitisch riskant - auch wenn der Republikaner davon nichts wissen will. Denn ein Importzoll funktioniert ähnlich wie eine Steuer. Die Abgabe muss vom importierenden Unternehmen an den Staat gezahlt werden - in diesem Fall also von Firmen in den USA. Üblicherweise geben importierende Unternehmen die höheren Kosten an die Verbraucher weiter. Das wiederum kann die Inflation anheizen.

Mehrere Klagen gegen Trumps Zollpolitik

Gegen die Zollpolitik des Republikaners wurden in den USA mehrere Klagen eingebracht. Das überparteiliche Liberty Justice Center hatte bei dem Gericht in New York zwei Klagen im Namen von fünf kleinen US-Unternehmen eingereicht. Die Unternehmen - von einem New Yorker Wein- und Spirituosenimporteur bis hin zu einem in Virginia ansässigen Hersteller von Schulsets und Musikinstrumenten - importieren Waren aus Ländern, die von den neuen Zöllen des US-Präsidenten betroffen sind.

Auch ein Dutzend US-Bundesstaaten hatte im April vor dem Gericht in New York geklagt - zehn von ihnen werden von den Demokraten regiert, zwei von Trumps Republikanern. Die Befugnis, Steuern, Zölle und Abgaben zu erheben, liege laut US-Verfassung beim Kongress, nicht beim Präsidenten, argumentierten die Kläger. Die nationale Handelspolitik dürfe nicht von dessen Launen abhängen.

US-Dollar legte zu

Nach der Gerichtsentscheidung vom Mittwoch ist der US-Dollar sowohl gegenüber dem Schweizer Franken, einer traditionellen Safe-Haven-Währung, als auch gegenüber dem japanischen Yen angestiegen. An den Börsen legten die US-Aktienfutures zu. An den Aktienmärkte gab es Jubel. (APA, dpa)