Banges Warten

Nach Gletscherabbruch im Lötschental: Sorge vor Regenmassen am Sonntag

Die Gefahr vor einer drohenden Flutwelle ist vorerst gebannt.
© FABRICE COFFRINI

Nach dem massiven Gletscherabbruch am Mittwoch im Schweizer Lötschental scheint sich die Lage vor Ort etwas zu stabilisieren. Der aufgestaute Gebirgsfluss hat sich neue Wege ins Tal gesucht. Eine befürchtete Flutwelle blieb vorerst aus. Weitere Felsstürze sind aber weiterhin möglich. Zudem könnten Regenschauer am Sonntag einsetzen.

Blatten – Im Lötschental im Schweizer Kanton Wallis schauen die Bewohner nach dem Gletscherabbruch nun bange auf die Wettervorhersage. Am Sonntag soll Regen einsetzen, dazu kommt die Eisschmelze - das alles kann den gigantischen Schuttkegel, der das Dorf Blatten unter sich begraben hat und den Abfluss des Gebirgsflusses Lonza teils blockiert, destabilisieren. Damit wächst die Gefahr eines Murenabgangs. Fels, Geröll und Schlamm könnten in Bewegung geraten und talabwärts rutschen.

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„Die Natur gibt den Rhythmus vor“

Viel unternehmen können die Behörden nicht, um ein solches Desaster abzuwenden, das weitere Gemeinden gefährden würde. „Die Natur gibt den Rhythmus vor“, sagte Staatsrat Stephane Ganzer dem Sender RTS. Zum einen beschleunige die derzeitige Hitze die Schneeschmelze, zum anderen drohten nächste Woche starke Regenfälle. Beides hat direkten Einfluss auf den Schuttkegel.

Gletschersturz begrub Bergdorf Blatten

Die Masse mit etwa neun Millionen Kubikmetern besteht nach Schätzungen zu einem Drittel aus Eis. Es war nach den Felsstürzen der vergangenen Wochen am Mittwoch vom Birschgletscher abgebrochen und mit Unmengen Geröll und Schutt ins Tal gedonnert. Die rund 300 Einwohner von Blatten waren vorher in Sicherheit gebracht worden.

Es ist möglich, dass sich mit dem Wasser auch Geröll oder Eis aus dem gigantischen Schuttberg löst und abgeht, wie Jonas Jeitziner vom Führungsstab sagt. Weil das Gelände unterhalb des Schuttkegels nicht steil und das Flussbett der Lonza dort weit sei, sei das Risiko größerer Schäden weiter unten im Tal vorhanden, aber gering. Größere Gefahr drohe durch weitere Felsabgänge im Abbruchgebiet oberhalb von Blatten. Das Gebirge sei dort weiter instabil.

Lonza fließt

Die Lage entlang der Lonza war zum Wochenendauftakt ruhig, berichtete der Führungsstab. Das Wasser des hinter dem Schuttkegel aufgestauten Gebirgsflusses floss durch und über den Schuttkegel ab. Es fließe etwa gleich viel Wasser in den aufgestauten See, wie über den Schuttkegel abfließe, so der Führungsstab. In dem Stausee sind fast alle der zunächst verschonten Häuser von Blatten versunken.

Wenn das Wasser der Lonza aus dem Schuttkegel Geröll und anderes Material mitreißt und talwärts treibt, soll dies ein Staubecken in Ferden rund sechs Kilometer talabwärts vom Katastrophengebiet auffangen. Deshalb wurde der dortige Kraftwerkbetreiber angewiesen, weiterhin Wasser abzulassen.

Wenn der Stausee für die Wassermenge nicht reicht, wären die Ortschaften Gampel und Steg am unteren Lauf der Lonza gefährdet. Kurz vor dem Eintritt in die Rhone fließt die Lonza teils durch relativ enge Betonkanäle, die bei einem Anschwellen schnell über die Ufer treten könnten. Überall sind Messgeräte im Einsatz, um die Lage rund um die Uhr zu überwachen.

Vorerst keine weitere Evakuierung geplant

Die Gemeinden Gampel und Steg informierten die Bevölkerung in der Nacht, dass nun Baumaschinen eingesetzt werden, um den Abfluss sicherzustellen. „Es geht darum, den reibungslosen Ablauf von Geröll und Schwemmholz durch das Bachbett der Lonza innerhalb der Dorfschaften zu gewährleisten“, hieß es. Zwar sei zunächst keine Evakuierung vorgesehen, aber die Behörden blieben wachsam.

Das Wasser der Lonza, das an der Staumauer Ferden ankommt, ist mit Sand und Abrieb aus dem Schuttkegel stark verschmutzt. Es kann deshalb nicht zur Stromproduktion durch die dort installierten Turbinen geleitet werden. (dpa, APA, TT.com)

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