Nach heftigen Protesten in Los Angeles: Polizei erlässt Versammlungsverbot
Nach erneuten Zusammenstößen mit Demonstrierenden hat die Polizei von Los Angeles ein Versammlungsverbot für die Innenstadt erlassen und 56 Festnahmen gemeldet. Präsident Donald Trump ordnete gegen den Willen des Gouverneurs die Entsendung der Nationalgarde an, um die Proteste zu kontrollieren. Während Trump die Demonstranten als „gewalttätige, aufständische Mobs“ bezeichnet, kritisiert Newsom das Vorgehen als rechtswidrig und inszeniert.
Los Angeles – Nach erneuten Zusammenstößen mit Demonstrierenden hat die Polizei von Los Angeles für die Innenstadt ein Versammlungsverbot erlassen. Sie wies Teilnehmer diverser Proteste am späten Sonntagabend (Ortszeit) an, das Gebiet umgehend zu verlassen. Zudem gab die Polizei bekannt, dass es am Rande der Proteste übers Wochenende 56 Festnahmen gegeben habe. Ihr Chef Jim McDonnell warnte, dass die Proteste außer Kontrolle gerieten.
Mehrere Hundert Nationalgardisten bezogen vor Regierungsgebäuden Stellung, um diese, wie es hieß, vor Vandalismus zu schützen. US-Präsident Donald Trump hatte die Entsendung in die Westküstenmetropole am Wochenende befohlen - gegen den Willen des Gouverneurs von Kalifornien, Gavin Newsom. Der Politiker, der den Demokraten angehört, bezeichnete Trumps Anordnung als widerrechtlich. Er warf dem Republikaner vor, absichtlich eine Krise inszenieren zu wollen und gegen Kaliforniens Souveränität zu verstoßen. „Dies sind die Handlungen eines Diktators, nicht eines Präsidenten“, schrieb Newsom auf X.
Die Proteste entzündeten sich an zahlreichen Razzien der Einwanderungsbehörde ICE (Immigration and Customs Enforcement), die auf Anweisung der Trump-Regierung verschärft gegen Migranten ohne Aufenthaltsrecht vorgehen soll, um diese auszuweisen. Los Angeles steht dabei besonders im Fokus. Ein erheblicher Anteil der Bevölkerung hat hispanische Wurzeln oder ist im Ausland geboren. Die Stadt ist zudem genau wie Kalifornien insgesamt eine Hochburg der Demokraten und damit dem Trump-Lager ein Dorn im Auge. Bürgermeisterin Karen Bass hat die ICE-Razzien scharf kritisiert, aber auch die Demonstranten verurteilt, die zu Gewalt griffen. „Ich möchte nicht, dass Leute dem Chaos verfallen, das meiner Meinung nach von der Regierung völlig unnötigerweise geschaffen wird“, sagte Bass auf einer Pressekonferenz.
L.A.-Polizeichef McDonnell wurde von US-Medien mit der Ankündigung zitiert, „die Zahl der bisherigen Festnahmen ist nichts im Vergleich zu dem, was noch kommen wird". Inzwischen sei nämlich „die Sache außer Kontrolle geraten“, sagte McDonnell am späteren Sonntagabend. Um zu beurteilen, ob Verstärkung von außen notwendig sei, müsse er aber erst wissen, wie genau die Nationalgarde der Polizei in Los Angeles dabei helfen solle, die Ordnung aufrechtzuerhalten.
Kalifornien kritisiert Vorgehen Trumps
Am Sonntag war es den dritten Tag in Folge zu Protesten gekommen, bei denen immer wieder Gewalt ausbrach. Die Teilnehmerzahlen reichten in den vergangenen Tagen von einigen Dutzend bis zu mehreren Hundert Menschen. Die Polizei wurde nach eigenen Angaben mit Gegenständen beworfen. Fahrzeuge wurden angezündet, Straßen blockiert. Das FBI bot eine Belohnung von 50.000 Dollar für Hinweise auf einen Verdächtigen, der Steine auf Polizeifahrzeuge geworfen und einen Bundesbeamten verletzt haben soll. 300 Mitglieder der Nationalgarde von Kalifornien bezogen nach Angaben des Militärkommandos an drei Stellen im Großraum Los Angeles Stellung. Trump hat die Mobilisierung von insgesamt 2.000 Nationalgardisten angeordnet. Verteidigungsminister Peter Hegseth hat damit gedroht, notfalls auch aktive Soldaten von den Marines zu mobilisieren.
Newsom warf Trump in einem Fernsehinterview vor, die Bedingungen rund um die Proteste geschaffen zu haben. Er kündigte eine Klage gegen die von Trump angeordnete Entsendung der Nationalgarde an. Normalerweise untersteht diese den jeweiligen Gouverneuren, in bestimmten Ausnahmefällen kann aber der Präsident das Kommando ergreifen.
Das Weiße Haus widersprach Newsoms Darstellung und erklärte in einer Mitteilung: „Jeder hat das Chaos, die Gewalt und die Gesetzlosigkeit gesehen.“ Polizeichef Jim McDonnell erklärte auf einer Pressekonferenz, dass die Proteste außer Kontrolle gerieten. Auf die Frage, ob die Nationalgarde nötig sei, sagte er, dass er „dazu nicht sofort übergehen“ würde. Er fügte aber hinzu, dass die Polizei angesichts der jüngsten Gewalt eine Neubewertung vornehmen müsse. „Das sollte er, sofort“, forderte Trump in einem Social-Media-Beitrag. „Lasst diese Schurken nicht davonkommen.“
„Sie spucken, wir schlagen“
Trump bezeichnete die Demonstranten in einem Online-Beitrag als „gewalttätige, aufständische Mobs“. Er wies seine Kabinettsmitglieder an, „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“, um das zu stoppen, was er als „Krawalle“ („riots“) bezeichnete. Im Gespräch mit Journalisten in New Jersey drohte er Demonstrierenden, die Polizisten oder Nationalgardisten anspucken würden, mit Gewalt: „Sie spucken, wir schlagen.“ („They spit, we hit“) Er nannte keine konkreten Vorfälle, sagte aber: „Wenn wir eine Gefahr für unser Land und unsere Bürger sehen, wird es in Bezug auf Recht und Ordnung sehr, sehr streng sein.“
Trotz seiner scharfen Rhetorik gegen die Demonstrierenden hat Trump bisher allerdings nicht den sogenannten Insurrection Act angewendet, ein Gesetz von 1807, das einem Präsidenten die Befugnis gibt, das US-Militär zur Unterdrückung von Ereignissen wie Aufruhr oder Aufständen einzusetzen. Auf die Frage am Sonntag, ob er dies in Erwägung ziehe, sagte er: „Das hängt davon ab, ob ein Aufstand vorliegt oder nicht.“
Trump hat die Bekämpfung der illegalen Einwanderung zu einem zentralen Schwerpunkt seiner Präsidentschaft erklärt. Er hat die größte Abschiebeaktion in der Geschichte und strikte Kontrollen an der Grenze zu Mexiko versprochen. ICE hat vom Weißen Haus als Zielmarke vorgegeben bekommen, mindestens 3.000 Migranten pro Tag festzunehmen. Das massive Durchgreifen gegen Einwanderer hat dazu geführt, dass auch Menschen betroffen sind, die sich legal im Land aufhalten, darunter einige mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht. (APA, Reuters, dpa)
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