Desinformation über Amoklauf in Graz: Hetzjagd und Morddrohungen gegen jungen Steirer
Ein 21-jähriger Steirer tötete am Dienstag zehn Menschen an einer Grazer Schule. Morddrohungen bekam daraufhin auch ein völlig unbeteiligter junger Mann aus der Steiermark – weil sein Name dem des Schützen ähnelt. Nun meldet sich der 22-Jährige zu Wort.
Als wäre der Amoklauf in Graz mit zehn Todesopfern nicht schon schlimm genug, kursieren im Netz eine ganze Reihe an Desinformation und Fake News zu der Tat. Im Fall eines jungen Steirers hatten diese gravierende Auswirkungen: Der 22-Jährige war nur kurze Zeit nach der Tat mit Drohungen und einer Hetzjagd in den Sozialen Medien konftrontiert.
Ein Foto des Leibnitzers verbreitete sich über die Landesgrenzen hinaus. Der Grund: Sein Spitzname ähnelt dem Vornamen des Amokläufers, der am Dienstag an einem Oberstufenrealgymasium in Graz zehn Schüler*innen und eine Lehrerin erschoss und anschließend Suizid beging.
📽️ Video | Hetzkampagne gegen unschuldigen Steirer
Anrufe und Morddrohungen
Der ähnliche Name schien für viele Menschen Grund genug, um ein Foto des völlig unbeteiligten jungen Mannes auf verschiedenen Plattformen zu verbreiten und ihn mit Hasskommentaren zu überschütten. Selbst ein TV-Sender nannte den Leibnitzer fälschlicherweise als Täter.
Seine Familie würde mit Anrufen terrorisiert und es habe sogar Morddrohungen gegeben, berichtete der 22-Jährige gegenüber dem ORF Radio Steiermark. „Sogar Leute, die mich persönlich kennen, denken, dass ich das bin, weil so viele Bilder von mir verschickt worden sind.“
Fußballverein veröffentlicht Videobotschaft
Nun erhielt der junge Fußballer Unterstützung seines Vereins, um sich den Fehlinformationen entgegenzustellen und die Hasskommentare zu stoppen: Der FC Großklein, der selbst mit Anfeindungen konfrontiert war, postete am Mittwoch ein Video mit einem Statement seines Spielers.
Er könne nicht der Täter sein, „denn ich bin am Leben“, sagt der 22-Jährige in die Kamera. Die Anschuldigungen hätten ihn tief getroffen. „Meine Familie wurde bedroht, es sind Bilder von mir und meiner Mutter in die Öffentlichkeit gestellt worden.“ Die falschen Anschuldigungen würden ihn massiv belasten. „Mich hat es psychisch stark erwischt, ich habe kaum schlafen können“, sagt der Steirer. Er wünsche sich, „dass das ein Ende hat“ und appelliert: „Bevor ihr einer Nachricht glaubt, lasst euch besser darüber informieren. Einen Menschen als Amokläufer zu verurteilen, ist das Schlimmste, was einem passieren kann.“
Presserat ruft zu Zurückhaltung auf
Der österreichische Presserat hat nach dem Amoklauf – ebenso wie die Polizei – zur Zurückhaltung aufgerufen und den Opferschutz und das Vermeiden einer Heroisierung des mutmaßlichen Täters eingemahnt. So sollten Medien etwa mit Blick auf den mutmaßlichen Täter nicht zu sehr ins Detail gehen. Mehrere Fälle problematischer Berichterstattung wurden dem Selbstkontrollorgan bereits gemeldet. Unter anderem hatten österreichische Medien Videos von dem Amoklauf verbreitet. (ema)