Grazer Amokläufer fiel beim Heer durch: Wie er trotzdem Schusswaffen kaufen konnte
Tirols Sicherheitslandesrätin Astrid Mair (ÖVP) spricht sich für höhere Hürden beim Waffenbesitz aus. Am Donnerstag konnten die letzten Verletzten von Graz von der Intensiv- auf die Normalstation verlegt werden.
Graz, Innsbruck – Die Debatte über den Waffenbesitz nimmt nach dem Amoklauf von Graz Fahrt auf. Es zeigen sich auch bürokratische Probleme: Ein Heeressprecher bestätigte einen Bericht von Servus-TV, nach dem der Täter bei der Stellung wegen psychischer Instabilität untauglich durchgefallen ist. Die Waffenkarte bekam er später trotzdem. Das Heer darf diese Daten nicht an anderer Behörden weitergeben – außer bei konkreten Anfragen.
Tirols Sicherheitslandesrätin Astrid Mair (ÖVP) fordert Konsequenzen aus diesen Umständen. „Solche Stolpersteine müssen wir ausräumen“, sagte sie zur TT. Zwar sei sie überzeugt, dass man die Amoktat nicht hätte verhindern können. „Trotzdem müssen seitens der Politik die Hürden höher werden.“
Dies gelte auch für das Waffengesetz. „Die rechtlichen Grundlagen wird man sich anschauen müssen. Es ist tragisch, dass für so eine Diskussion erst etwas passieren muss“, meint sie. Abgesehen von Jägern, Sportschützen und der Exekutive sei fraglich, welche triftigen Gründe es für den Besitz von Schusswaffen überhaupt geben solle.
Die Zahl der legalen Waffen sei in allen Tiroler Bezirken von 2020 auf 2025 stark gestiegen. „Viele geben als Grund Selbstverteidigung an. Ich bezweifle aber gerade dieses Argument“, erklärt die Landesrätin. Schusswaffen seien dafür ungeeignet. Sie müssten sicher verwahrt sein, man müsse regelmäßig trainieren – zerlegen, putzen, die Handhabe.
Erwerb von Schusswaffen relativ einfach
Derzeit ist der Besitz und Erwerb von Kategorie C-Waffen – Büchsen und Flinten – grundsätzlich ab 18 Jahren möglich, wobei eine Pflicht zur Registrierung im Zentralen Waffenregister oder bei einem Waffenhändler binnen sechs Wochen ab Erwerb bzw. Weitergabe des Gewehrs besteht.
Mit sich führen darf man eine Langwaffe nur mit einem Waffenpass oder einer gültigen Jagdkarte bzw. als Mitglied eines Schützenvereins. Der Erwerb und Besitz von Waffen der Kategorie B – Revolver, Pistolen, Halbautomaten – ist nur mit behördlicher Bewilligung in Form einer Waffenbesitzkarte oder eines Waffenpasses zulässig. Zum Führen einer solchen Schusswaffe ist ein Waffenpass erforderlich.
Online-Petition an die Bundesregierung
In Reaktion auf den Amoklauf von Graz hat eine Online-Petition für ein sofortiges Waffenverbot für Privatpersonen bis Donnerstagnachmittag bereits 48.000 Unterschriften erreicht. Rund 1,5 Millionen Schusswaffen sind in Österreich derzeit im Umlauf, für die Initiatoren wird es Interessenten viel zu leicht gemacht, sich Schusswaffen zu beschaffen.
Kritik gab es auch an den psychologischen Tests, die durchgeführt werden, um einen Waffenschein zu bekommen. Jutta Leth, Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, bezeichnete die Selbstausfüller-Fragebögen gegenüber Ö1 am Donnerstag als „problematisch“. Denn jemand, der einen Plan habe und einen Waffenschein möchte, werde „wohl wach genug sein“, realistisch einschätzen zu können, bei welchen Fragen er sozial angepasst antworten muss. Sie sprach sich für ein „mehrstufiges Verfahren in spezialisierten Einrichtungen mit einem multiprofessionellen Team und einem institutionellen Hintergrund“ aus und forderte verstärkte Kontrollen von Menschen, die eine Waffe besitzen. (TT, APA)
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