Iran reagiert auf israelische Angriffe mit Gegenangriff
Nach den massiven Luftangriffen der israelischen Streitkräfte auf Nuklearanlagen und Militäreinrichtungen im Iran hat die Führung in Teheran mit Raketenbeschuss auf Israel reagiert. Die israelische Armee rief die Bevölkerung auf, sich in Schutzräume zu begeben - dann waren Explosionen zu hören. Nach Angaben von israelischen Rettungskräften gab es 15 Verletzte. Laut Medienberichten wurde ein Hochhaus im Großraum Tel Aviv direkt getroffen.
Iranische Staatsmedien meldeten drei Angriffswellen. Die Rede war von Hunderten Raketen. Nach Angaben der Revolutionsgarden zielten diese auf Dutzende militärische Ziele und Luftwaffenstützpunkte. "Die Streitkräfte der Islamischen Republik werden diesem verruchten zionistischen Feind gewiss vernichtende Schläge versetzen", schrieb Irans Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei auf der Nachrichtenplattform X.
Die USA halfen laut unbestätigten Medienberichten ihrem Verbündeten Israel bei der Raketenabwehr. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien fing das US-Militär eine Rakete über Syrien ab. In Jordanien seien "Flugobjekte" in mehreren Gegenden abgestürzt, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Petra.
Die Attacken waren die Antwort auf den massiven Angriff, den Israel in der Nacht auf Freitag auf den Iran gestartet hatte. Der Großangriff galt vor allem dem Atomprogramm des Landes. Getroffen wurden mehr als 100 Ziele unter anderem in den Millionenstädten Teheran, Tabris und Schiras sowie die unterirdische Atomanlage Natans. Auch eine Uranumwandlungsanlage Isfahan war nach israelischen Angaben Ziel.
Westliche Staaten wollen den Iran am Bau einer Atombombe hindern - Teheran bestreitet, das als Ziel zu verfolgen. Verhandlungen zwischen Washington und Teheran über ein neues Abkommen zur Begrenzung der Nuklearaktivitäten blieben bisher aber erfolglos. Der israelische Generalstabschef Eyal Zamir sagte mit Blick auf das iranische Atomprogramm: "Wir haben diese Operation begonnen, weil die Zeit gekommen ist - wir befinden uns an einem Punkt ohne Umkehr." Er fügte hinzu: "Wir können es uns nicht leisten, auf einen anderen Zeitpunkt zu warten, wir haben keine andere Wahl."
Der israelische Staatspräsident Yitzhak Herzog begründete den Großangriff mit einer existenziellen Bedrohung des jüdischen Volkes begründet. Israel ist bisher die einzige Atommacht der Region.
Laut iranischen Angaben wurden auch führende Köpfe des Militärs getötet, darunter der Kommandeur der mächtigen Revolutionsgarden, Hussein Salami, der Generalstabschef Mohammed Bagheri und der Kommandeur der Luftstreitkräfte der iranischen Revolutionsgarden, Brigadegeneral Amir Ali Hajizadeh. Zugleich wurden iranischen Berichten zufolge mindestens sechs führende Wissenschafter und Professoren aus den Bereichen Nuklear und Physik getötet. Die Forscher kamen bei nächtlichen Angriffen auf ihre Wohnungen in Teheran ums Leben.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte am Freitag von einem "Eröffnungsschlag" gesprochen. "Diese Operation wird so viele Tage andauern, wie es braucht, um diese Bedrohung zu beseitigen", sagte der Regierungschef. Den ganzen Tag über gab es immer wieder neue Berichte oder Mitteilungen von Angriffen, Explosionen oder aktiver Luftabwehr. Die Führung der Islamische Republik wertete die Luftangriffe als Kriegserklärung und drohte mit Vergeltung. Eigenen Angaben zufolge schossen die iranischen Streitkräfte mehrere Drohnen und zwei israelische Kampfjets ab. Das dementierte Israel später.
Laut israelischen Medien ist die militärische Eskalation von der Regierung in Tel Aviv jahrelang vorbereitet worden. Einheiten des Auslandsgeheimdienstes Mossad hätten bereits im Vorfeld der Angriffe Präzisionswaffen, Fahrzeuge und Drohnenbasen in der Nähe von Raketensilos und Luftabwehrstellungen platziert. Diese Waffensysteme hätten zu Beginn der Luftangriffe per Fernsteuerung ihre Ziele mit außerordentlicher Genauigkeit getroffen. So seien Luftabwehrstellungen zerstört worden.
Zur Entscheidung für den Angriff - über den schon seit mehr als ein Jahrzehnt lang diskutiert wird - trug wohl auch die Schwächung der iranischen "Achse des Widerstands" bei. Nach rund 20 Monaten Gaza-Krieg ist die islamistische Hamas dezimiert, auch die libanesische Hisbollah. Obendrein dient Syrien seit dem Umsturz nicht mehr als Korridor für Waffenlieferungen des Irans an die Hisbollah.
Der Angriff löst Befürchtungen aus, dass sich die Spannungen zwischen den beiden hochgerüsteten Ländern zu einem umfassenden Krieg in der Region ausweiten könnten. Mehrere Länder und UN-Chef António Guterres riefen die Parteien zu Zurückhaltung und einem sofortigen Abbau der Spannungen auf.
Netanyahu rief am Freitagabend das iranische Volk zum Aufstand gegen die Führung in Teheran auf. Ziel der israelischen Operation sei nicht nur, die nukleare und ballistische Bedrohung durch das "islamische Regime" für Israel zu beseitigen, sondern "zugleich den Weg für euch zu ebnen, eure Freiheit zu erlangen", sagte Netanyahu in einer Video-Botschaft an das "stolze iranische Volk".
Die Führung in Teheran sei "niemals schwächer als jetzt" gewesen. "Dies ist eure Gelegenheit, aufzustehen und eure Stimmen zu erheben", fügte der israelische Ministerpräsident hinzu. Zugleich wiederholte er, dass sich Israels Angriffe nicht gegen das iranische Volk richteten, sondern nur "gegen das mörderische islamische Regime, das euch unterdrückt und verarmen lässt". Die Zeit sei gekommen, dass sich das iranische Volk um seine Flagge und sein historisches Erbe versammelt, indem es für seine Freiheit von diesem "bösen und unterdrückerischen Regime" aufsteht.