„Wohlstand gefährdet“

Österreichischer Klimabericht: Massive Investitionen gegen stärkere Erhitzung nötig

Es braucht in Österreich deutlich höhere Investitionen, um die Erderwärmung einzubremsen, mahnt ein neuer Bericht. Ein wärmeres Klima bedroht unter anderem die Landwirtschaft durch häufigere Wasserknappheit.
© HELMUT FOHRINGER

Der „zweite Österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel“ wurde am Dienstag präsentiert. 200 WissenschafterInnen aus 50 Institutionen sehen darin „großen Handlungsbedarf“. Österreich erhitzt sich schon jetzt „deutlich stärker als der globale Schnitt“.

Wien – 200 Wissenschafter aus 50 Institutionen haben über Jahre einen interdisziplinären Überblick über die Auswirkungen der Klimakrise in Österreich erstellt. Herausgekommen ist der rund 800 Seiten umfassende „Zweite Österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel“ (AAR2), dessen Hauptaussagen am Dienstag in Wien präsentiert wurden. „Der Bericht zeigt einen großen Handlungsbedarf, der uns alle betrifft“, lautete das Resümee von Umweltminister Norbert Totschnig (ÖVP).

Der Sachstandsbericht zeigt nicht nur die Bedrohungen aufgrund der Erderwärmung, er präsentiert ebenso Handlungsoptionen – und fordert dabei auch massive Investitionen. „Wir arbeiten mit Hochdruck an einem Klimaschutzgesetz. Zentrales Anliegen ist CO2-Reduktion, die Dekarbonisierung und die Klimawandelanpassung“, definierte Totschnig den politischen Handlungsrahmen.

Österreich erhitzt sich schneller

Im Schnitt 3,1 Grad Celsius wärmer ist es im Vergleich zum Jahr 1900 bereits – Tendenz steigend. Die Auswirkungen auf Land, Leute und Umwelt sind groß. Um dem entgegenzuwirken und ein Kippen wichtiger Systeme zu vermeiden, sind laut den Autoren Investitionen zwischen 6,4 und 11,2 Mrd. Euro pro Jahr erforderlich. Politische Abläufe gehören laut den ExpertInnen überdacht.

„Die Folgen der Klimakrise gefährden unseren Wohlstand und verschärfen auch hierzulande soziale Ungleichheiten“, sagte Margreth Keiler von der Universität Innsbruck und der ÖAW, Co-Vorsitzende des Sachstandsberichts. Der Bericht betone jedenfalls, dass realistische, sozial verträgliche und wirtschaftlich tragfähige Wege hin zur Klimaneutralität vorhanden sind.

Bericht folgt der Logik des Weltklimarats

Im Problemaufriss ist der an die Logik der Berichte des Weltklimarats (IPCC) angelehnte, in seiner Langfassung rund 800-seitige Bericht glasklar formuliert: Österreich ist eines der Länder, die sich schon jetzt „deutlich stärker als der globale Schnitt“ erhitzen.

Und die Situation spitzt sich zu: Seit den 1980er-Jahren kommt man sogar auf ein Plus von rund 0,5 Grad pro Jahrzehnt. Infolgedessen steigt die Frequenz, in der Extremwetterereignisse wie Dürren und Starkniederschläge, aber auch Spätfrost auftreten, Hitzewellen wurden im Vergleich mit dem Zeitraum 1961–1990 länger und intensiver.

Das wirkt sich auf die Wasserverfügbarkeit aus, etwa in der Landwirtschaft, oder auf den Skitourismus, wo immer weniger Tage mit natürlicher Schneebedeckung kompensiert werden müssen. Ebenso betrifft das die mittlerweile recht kümmerlichen Reste von Österreichs Gletschern und den Hitzestress vor allem in städtischen Gebieten des Landes.

„Mit zunehmender Erhitzung werden in Regionen wie den Alpen, in wasserarmen oder stark versiegelten Gebieten die Anpassungsgrenzen überschritten“, heißt es im Kernaussagen-Dokument des Berichts. Das bisherige Risikomanagement stoße „bei komplexen, kaskadierenden Gefahren“ an seine Grenzen, „was potenziell irreversible Schäden für Gesellschaft, Infrastruktur und Ökosysteme zur Folge hat“.

Trend zeigt Richtung plus vier Grad

Mit Blick auf den derzeitigen Welttrend steuert man in unseren Breiten sogar auf ein Plus von „deutlich mehr als vier Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit“ zu, heißt es seitens der insgesamt über 200 an dem Papier beteiligten Wissenschafterinnen und Wissenschafter. Es ist das zweite seiner Art nach der Premiere im Jahr 2014, wurde vom Landwirtschaftsministerium über den Klima- und Energiefonds finanziert und vom Austrian Panel on Climate Change (APCC) umgesetzt.

Als Vorsitzende des Gremiums fungieren neben Keiler von der Universität Innsbruck und der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) Daniel Huppmann und Keywan Riahi (beide Internationales Institut für Angewandte Systemanalyse IIASA, NÖ) und Harald Rieder von der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien. (TT.com, APA)