Das bewegt Tirol

Zurück in die Zukunft? Tirol und der Verkehr

Über die Europabrücke rollt der Schwer- und Urlauberverkehr.
© Thomas Böhm

Tirol will nicht länger als Durchzugsroute für den internationalen Schwer- und Urlauberverkehr dienen: ein Drama in vier Akten.

Die Verlagerung auf die Schiene steht auf dem Abstellgleis

Für rund 10,5 Milliarden Euro wird aktuell an der Realisierung des Brennerbasistunnels gewerkt. Der aktuelle Eröffnungstermin ist für das Jahr 2032 avisiert. Das Problem: Auch wenn dieser Termin zu halten ist, wird er die Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene in Tirol kaum maßgeblich beeinflussen. Zumindest nicht, bis auch seine Zulaufstrecken in Betrieb sind. Und damit allen voran der Nordzulauf in Bayern.

Der aktuelle Trassenvorschlag zwischen München und Rosenheim steht vor dem Aus. Auch aufgrund anhaltender Widerstände aus der Bevölkerung, die in den betreffenden Ortschaften eine Tunnellösung anstelle eines oberirdischen Verlaufs einfordert. Innerösterreichisch wird nun auch der Brenner-Zulauf (Ausbau Kundl/Radfeld bis Kufstein) um zwei Jahre auf 2039 verschoben.

Wobei: Generell zieht es den Schwerverkehr seit Jahren weg von der Schiene. Aktuell werden nur noch 26 Prozent der durch Tirol transportierten Güter mittels Bahn verbracht. Dies liegt immer noch an der ungleich günstigeren Straße.

Der BBT soll 2032 eröffnet werden. Doch bei den Zulaufstrecken hakt es.
© (c) 2025 Rita Falk / Tiroler Tageszeitung

Mit Italiens Transit-Klage steht und fällt die Verkehrspolitik

Der Europäische Gerichtshof wird das Urteil fällen. Ob es Tirol passt oder nicht. Die Frage wird nur sein: Hält der Tiroler Lkw-Fahrverbotskatalog, oder muss Tirol am Ende doch klein beigeben? Italien und dessen Verkehrsminister Matteo Salvini haben die Klage gegen Österreich und damit Tirol angestrengt. Sie zielt darauf ab, u. a. das Lkw-Nachtfahrverbot, aber auch die Blockabfertigung bei Kufstein zu Fall zu bringen.

Die EU-Kommission ist Italien im Vorfeld als Streithelferin zur Seite gestanden. Hierzulande wird das als schlechtes Omen gewertet. Wann am EuGH das Verfahren eröffnet wird, ist noch unklar. Gerechnet werden kann damit ab Herbst. Ein Urteil ist dann binnen Jahresfrist möglich, heißt es.

Unterliegt Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof, dürften auch die Tiroler Pläne für die Einführung eines digitalen und vollautomatischen Verkehrsmanagementsystems (Slot) am Brennerkorridor zunichte sein. Denn obwohl Slot mit Bayern und Südtirol bereits paktiert ist, braucht es dazu erst einen Staatsvertrag.

An der Infrastruktur scheiden sich die Einheimischen-Geister

Ohne Straßen kein Verkehr. Und ohne Baustellen weniger Stau. Was so einfach klingt, ist eine komplexe Gemengelage. Auch in Tirol. Gebaut werden soll in den kommenden Jahren an vielen neuen Verkehrswegen. Allen voran am Fernpass.

Das dortige Ausbaupaket der schwarz-roten Landesregierung sieht nicht nur die – notwendige – zweite Röhre für den Lermooser Tunnel, sondern eben auch den Fernpass-Scheiteltunnel vor. Um eine der Haupt-Staurouten durch Tirol zu entlasten. Das mehrere 100 Millionen Euro teure Projekt soll durch Maut gegenfinanziert werden. Einheimischen wird die Maut per lokalen Gutscheinen rückerstattet. Dennoch regt sich massiver Widerstand gegen die ­Landespläne.

Widerstand gibt es auch im Wipptal. Aktuell baut dort die Asfinag die Luegbrücke neu. Weitere Brückensanierungen und Neubauten sind bereits in Planung. Bis 2040 die Europabrücke an der Reihe sein soll. All das stellt die Bevölkerung vor eine Belastungsprobe. Weil die Ausweichwege nur begrenzt sind.

In Sachen Fernpass-Tunnel regt sich massiver Widerstand gegen die ­Landespläne.
© Axel Springer

Der Öffi-Boom hilft der Wende, aber bei Weitem nicht allen

Bus und Bahn stoßen in Tirol auf immer breitere Zustimmung. Der Verkehrsverbund Tirol kann derzeit auf über 190.000 KundInnen verweisen, die den ÖPNV mit einer Dauerkarte nutzen. Das „Klimaticket Tirol“ ist ein Kassenschlager – daran gibt es nichts zu rütteln.

Der Erfolg hat aber auch seinen Preis. 142 Millionen Euro gibt das Land im Jahr 2025 für den öffentlichen Nahverkehr aus. Muss es auch, schließlich zeitigt der Öffi-Boom seine Folgen – in Gestalt von Taktverdichtungen, neuen Verbindungen und mehr. Die Schattenseiten: übervolle Busse, Linien, die mangels Lenk-Personal ausfallen oder nur in ausgedünnter Version gefahren werden können.

Wie so oft sind es aber auch im Öffi-Verkehr die letzten Meter, auf die es bei der Verkehrswende ankommt. Nach wie vor gibt es Regionen in Tirol, in denen die Bevölkerung aufs Auto angewiesen ist, um überhaupt erst eine Öffi-Anbindung zu erreichen. Und auch im Tourismus wird zwar die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln propagiert – umgesetzt hingegen nur von einem Bruchteil.