Europa soll den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2040 um 90 Prozent reduzieren
Kritikern des Klimaziels kommt die Kommission u.a. mit einem internationalen Zertifikate-Handel entgegen. Der Vorschlag muss noch mit den EU-Ländern und dem EU-Parlament abgestimmt werden.
Brüssel – Die EU-Kommission möchte die Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union bis zum Jahr 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Das sieht der Vorschlag vor, den EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra und Kommissionsvizepräsidentin Teresa Ribera am Mittwoch in Brüssel vorgestellt haben. Ab 2036 werden bis zu drei Prozent der 1990er-Emissionen durch einen internationalen Zertifikatehandel ausgeglichen werden können. Zudem wurde mehr Flexibilität versprochen.
Bereits festgelegt sind die Ziele für davor und danach: Bis 2030 möchte die EU die Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren, bis 2050 klimaneutral werden. Alle aktuellen nationalen Klimapläne zusammengerechnet, würde die EU-27 derzeit auf Kurs liegen für eine Reduktion um 54 Prozent bis 2030, also knapp unter dem 55-Prozent-Ziel. Österreich strebt bereits für 2040 Klimaneutralität an.
„Wir bleiben auf unserem Kurs“
Die Kommission war verpflichtet, ein Zwischenziel vorzulegen. Um seine Inhalte oder mögliche Verschiebung wurde bis zuletzt unter den EU-Mitgliedsländern sowie innerhalb der Kommission gerungen. Für Hoekstra ist klar: „Wir bleiben auf unserem Kurs der Dekarbonisierung!“ Er fasste zusammen: „Wir sind ehrgeizig. Wir sind pragmatisch. Wir sind flexibel.“
Den Befürchtungen der Wirtschaft, durch zu ambitionierte Klimaziele an Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen, begegnet die Kommission mit größerer Flexibilität zwischen einzelnen Sektoren und Instrumenten. Europa müsse sich auch der Wirtschaft als berechenbarer und vertrauenswürdiger Partner für Innovationen und Investitionen erweisen, hieß es. „Die Kurve, die wir vorschlagen, stimmt mit dem überein, was man als den besten Weg zum Erreichen unserer Ziele definiert hat“, hob Ribera hervor. Man habe sich nicht über die Empfehlungen des wissenschaftlichen Advisory Boards hinweggesetzt.
Neuer Zertifikatehandel kommt
Kritisch hatte sich der wissenschaftliche Beirat im Vorfeld allerdings über einen neuen Zertifikatehandel mit außereuropäischen Ländern geäußert, der nun ab 2036 mit einbezogen werden soll. Dieser Handel bezieht sich auf Art. 6 des Pariser Klimaabkommens und soll zusätzlich zum bestehenden innereuropäischen Handel (EU-ETS) aufgesetzt werden.
„Der Planet macht keinen Unterschied, wo emittiert oder nicht emittiert wird“, sagte Hoekstra. Es gehe nun darum, einen Mechanismus aufzusetzen, der „überprüfbar und nachweisbar“ sei, in dem zielführende Projekte mittels glaubwürdiger Instrumente unterstützt werden könnten. Kritiker befürchten eine schwerere Kontrollierbarkeit der tatsächlichen Wirkung der eingesetzten Maßnahmen und eine Abschwächung der Klima-Anstrengungen innerhalb der EU durch Auslagerung.
Der Kommissionsvorschlag muss im nächsten Schritt mit den EU-Mitgliedsländern und dem Europäischen Parlament verhandelt werden. „Ich bin zuversichtlich, dass dieser Vorschlag im Trilog eine Mehrheit bekommen wird“, sagte Klimakommissar Hoekstra an einem heißen Sommertag, an dem auch in Brüssel die Temperatur weit über 30 Grad kletterte. (TT, APA)