Pläne auch für Afghanistan

Österreich schiebt erstmals seit 15 Jahren Straftäter nach Syrien ab

Vergangene Woche war der Abschiebeflug von Wien nach Syrien noch wegen des geschlossenen Luftraums abgesagt worden. Am Donnerstag hob der Flieger dann ab.
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Die Innenminister von Österreich und Deutschland verfolgen dasselbe Ziel: Aus Afghanistan stammende Straftäter sollen rückgeführt werden. Österreich vollzog am Donnerstag mit Verspätung eine bereits geplante Abschiebung nach Syrien.

Wien, Berlin, Damaskus, Kabul – Das Innenministerium hat am Donnerstagvormittag die Abschiebung eines syrischen Straftäters in sein Heimatland durchgeführt. Damit wurde zum ersten Mal seit 15 Jahren eine Abschiebung nach Syrien vollzogen, hieß es aus dem Innenministerium. Vergangene Woche war diese noch wegen des geschlossenen Luftraums über dem Land in Folge der Eskalation des Nahost-Konflikts abgeblasen worden.

„Die heute durchgeführte Abschiebung ist Teil einer harten und damit gerechten Asylpolitik“, betonte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Man werde den Weg, verurteilte Straftäter außer Landes zu bringen, auch im Fall von Syrien „mit harter Arbeit und Nachdruck fortsetzen“, erklärte Karner, der sich zuversichtlich zeigte, dass es "in absehbarer Zeit" auch weitere Abschiebungen in das Land geben wird. Laut Karner liefen die Vorbereitungen dafür.

Der betroffene Straftäter war 2018 zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, dabei wurde ihm auch der Asylberechtigtenstatus aberkannt, so Karner bei einem Pressestatement. Laut Innenministerium hat er für den IS geworben. Im vergangenen Jahr kam der Mann auf freien Fuß, wurde dann aber nochmals verurteilt und in Schubhaft gebracht. Nun sei er per Linienflug über Istanbul in die syrische Hauptstadt Damaskus abgeschoben worden, sagte Karner am Flughafen Wien. Für den Innenminister geht es nun weiter nach Sofia, am Freitag besucht er die bulgarisch-türkische EU-Außengrenze.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP, l.) traf mit seiner damaligen deutschen Amtskollegin Nancy Faeser im April den syrischen Innenminister Anas Khattab.
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Dass Österreich mit Abschiebungen ernst machen will, hatte sich schon länger abgezeichnet. Gemeinsam mit seiner damaligen deutschen Amtskollegin Nancy Faeser hatte Karner Ende April Syrien besucht und dort das Gespräch mit den neuen Machthabern gesucht und „konkrete Umsetzungsschritte“ vereinbart, was die Rückkehr und Abschiebungen betrifft, wie Karner danach erklärt hatte.

Durch das persönliche Treffen mit dem syrischen Innenminister sei die Zusammenarbeit erst möglich geworden, stellte Karner fest. Mit der neuen Regierung in Syrien, die sich nach dem Sturz des früheren Machthabers Bashar al-Assad gebildet hat, könne es nämlich noch kein Abkommen geben.

Österreich erstes Land mit offizieller Abschiebung nach Syrien

Abschiebungen aus der EU nach Syrien sind aktuell absolut unüblich. Zwar legt eine Eurostat-Statistik nahe, dass einige Dutzend Menschen etwa aus Rumänien und Ungarn während der vergangenen Monate in das Land überstellt wurden. Ob diese Außerlandesbringungen aber tatsächlich stattgefunden haben, ist unklar. Laut Innenministerium ist Österreich das erste europäische Land, das in den vergangenen Jahren offiziell einen syrischen Straftäter direkt nach Syrien abschieben konnte. Seit dem Fall des Assad-Regimes sind Angaben des Innenministeriums zufolge 350 Syrer freiwillig in ihr Heimatland zurückgekehrt.

Pläne für Afghanistan

Der deutsche Innenminister Alexander Dobrindt denkt unterdessen an direkte Verhandlungen mit dem Regime der radikalislamischen Taliban in Afghanistan über die Abschiebung afghanischer Straftäter aus Deutschland. „Mir schwebt vor, dass wir direkt mit Afghanistan Vereinbarungen treffen, um Rückführungen zu ermöglichen“, sagte er im Interview mit dem Magazin Focus. Derzeit fänden Kontakte zu den Taliban nur über Dritte statt. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) begrüßte das.

Afghanistan ist eines der ärmsten Länder der Welt und litt jahrzehntelang unter Krieg. Im Sommer 2021 kehrten die Taliban inmitten des Abzugs westlicher Streitkräfte an die Macht zurück, viele Staaten und Organisationen fuhren ihre Hilfen für das Land zurück. In Afghanistan haben Menschen kaum Aussicht auf Arbeit, ihre Zukunft ist höchst ungewiss. Vor allem Frauen sind einer weitgehenden Diskriminierung und einem Ausschluss aus dem öffentlichen Leben betroffen.

Afghanische Frauen bei einer Essensausgabe in der Hauptstadt Kabul.
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Karner erklärte zu den Interview-Aussagen Dobrindts: „Das klare Bekenntnis des deutschen Innenministers zu Abschiebungen nach Afghanistan ist ein weiterer Schritt für eine strenge, harte und gerechte Asylpolitik in Europa. Österreich und Deutschland ziehen hierbei an einem gemeinsamen Strang“, betonte der Innenminister. Er habe bereits seit längerem auch auf EU-Ebene gefordert, Abschiebungen nach Afghanistan wieder möglich zu machen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) habe bereits Ende 2024 als erste Behörde aus einem westeuropäischen Land bei einer Reise nach Afghanistan unmittelbar Kontakt zu den dortigen Behörden aufgenommen, betonte der Minister. (TT, APA)