Umstrittener Freispruch: Wenn „Töte sie alle“ keine Verhetzung ist
Ein ehemaliger Wiener Imam wurde trotz eindeutiger Postings gegen Jüdinnen und Juden vom Vorwurf der Verhetzung freigesprochen.
Wien – Der Freispruch für einen ehemaligen Wiener Imam vom Verhetzungsvorwurf löst Irritationen aus. Die unabhängige antifaschistische Plattform „Stoppt die Rechten“ schrieb dazu auf dem sozialen Netzwerk Bluesky: „Manche Urteile machen uns sprachlos. Das hier gehört dazu.“
Denn für den Richter lag keine Verhetzung vor, obwohl der Angeklagte nach dem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober Posts wie „verwandle Gaza und ganz Palästina zu einem Friedhof für die Juden“ absetzte.
Im Jänner 2024 postete der damalige Imam der Assalam-Moschee am Schöpfwerk in Wien mehrere längere Postings in arabischer Sprache, in denen Aussagen wie „Oh Gott, bestrafe die kriminellen Zionisten und deren Unterstützer und zerstreue sie. Oh Gott, zähle sie und töte sie alle und lass keinen einzigen von ihnen übrig“ und „Oh Gott, stärke die Mudschaheddin in Gaza, lenke ihre Pfeile, mache ihre Schritte sicher, stärke ihre Herzen und erschrecke die Herzen der Juden, der Besatzer“ enthalten waren.
Nach dem Bekanntwerden der Posts legte er seine Funktion als Imam zurück.
„Vertretbare Meinung“
„Es ist eine vertretbare Meinung, dass der (61-jährige) Angeklagte sagt, er möchte, dass Palästina den Krieg gewinnt und Israel den Krieg verliert“, begründete der Richter das Urteil am Wiener Straflandesgericht. „Was man nicht sagen darf, ist ‚Tod allen Juden‘“, das habe der Angeklagte aber auch nicht getan.
Ganz anders sah dies die Staatsanwaltschaft. „Das ist keine Kritik am Staat Israel, sondern die pauschale Verhetzung“, so die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft wäre es auch zu einer Anklage gekommen, wenn hier ein Rabbiner sitzen würde, der gepostet hätte, dass „Gaza zu einem Friedhof für alle Palästinenser werden soll“.
Die Staatsanwältin meldete volle Berufung gegen das Urteil an, es ist somit nicht rechtskräftig. (TT)