„Advanced Practice Nurses“

Pflegeexpertise für Menschen mit Demenz und Delir

Advanced Practice Nurse Verena Friedrich setzt auf Verständnis und gezielte Kommunikation.
© tirol kliniken

Advanced Practice Nurses und Memory Nurses verbessern die Versorgung von Menschen mit Demenz durch spezialisierte Pflege und wissenschaftlich fundierte Konzepte.

Von Natalie Hagleitner

Seit Jänner 2025 arbeitet Verena Friedrich als erste Advanced Practice Nurse (APN) Demenz/Delir und Koordinatorin der Memory Nurses am Landeskrankenhaus Innsbruck. Zuvor war Friedrich über zehn Jahre als Memory Nurse tätig. Ihre Aufgabe beschreibt sie als Schnittstelle zwischen Pflegepraxis, Wissenschaft und Patient:innenversorgung. „Ich achte darauf, dass pflegerische Maßnahmen im Alltag individuell und maßgeschneidert angepasst werden und den Betroffenen zugutekommen.“

Als Pflegeperson mit erweiterter Expertise begleitet sie Menschen mit einer Demenzdiagnose oder einem Delir und unterstützt das Team bei Früherkennung, pflegerischer Diagnostik und Pflegeplanung. Während Memory Nurses diplomierte Pflegepersonen mit einer einjährigen Spezialausbildung sind, erfordert die Tätigkeit als Advanced Practice Nurse zusätzlich ein Bachelor- und Masterstudium in Pflegewissenschaften. „Damit geht auch mehr Verantwortung einher – beispielsweise in der fachlichen Leitung, der Forschung oder der Mitarbeit an interdisziplinären Projekten“, erklärt Friedrich.

Zehn Jahre gelebte Kompetenz

Friedrich ist Teil der Initiative „Demenz braucht Kompetenz“, die vor rund zehn Jahren an den tirol kliniken ins Leben gerufen wurde. „Für Memory Nurses gab es damals im deutschsprachigen Raum kaum vergleichbare Modelle. Wir mussten vieles selbst entwickeln und ausprobieren“, erzählt sie. Gemeinsam mit einem interprofessionellen Kernteam wurden seither zahlreiche Projekte umgesetzt – darunter der Informationsbogen „Gut vorbereitet ins Krankenhaus“, angepasste Besuchszeiten für Betroffene oder Orientierungshilfen im Stationsalltag.

Heute sind die Memory Nurses fixer Bestandteil des klinischen Alltags. „Wir werden täglich von Stationen angefordert, beraten Teams und entwickeln gemeinsam individuelle Betreuungskonzepte“, so Friedrich. Entscheidend sei dabei, die Lebensgeschichte jedes Menschen zu berücksichtigen. „Wenn wir wissen, was jemandem wichtig ist, können wir viel bewirken.“ Eine Erinnerung, die ihr geblieben ist: „Ein Patient wollte nicht mehr essen, bis er mir von früher zu erzählen begann – von seiner Zeit als Segelflieger. Das Thema hat ihn aufblühen lassen, und plötzlich aß er wieder mit Appetit.“

Der Leitfaden „Gut vorbereitet ins Krankenhaus“ hilft, individuelle Bedürfnisse von Patient:innen mit Demenz schon vor dem Aufenthalt zu berücksichtigen.
© tirol kliniken

Wichtig seien auch kleine, unaufdringliche Erinnerungshilfen im Stationsalltag. „Ich sage zum Beispiel beiläufig: ‚Sie wissen ja eh, heute ist der 19. Oktober, wir sind hier in Innsbruck in der Klinik‘ – so kann man Orientierung geben, ohne jemanden bloßzustellen“, erklärt sie. Solche einfachen Maßnahmen würden helfen, Sicherheit zu vermitteln und Stress abzubauen. Auch Angehörige werden eng eingebunden. „Sie können bei uns eine Beratung in Anspruch nehmen. Wir besprechen gemeinsam, wie die Betreuung zu Hause weitergeführt werden kann und welche Strategien helfen, den Alltag zu erleichtern.“

Forschung für die Praxis

Ein zentraler Aspekt ihrer Arbeit ist die Verbindung von Pflege und Forschung. „Ich stehe mit einem Bein in der Praxis und mit dem anderen in der Wissenschaft“, sagt Friedrich. In ihrer Masterarbeit untersuchte sie, wie vorbereitende Gespräche Ängste vor Operationen verringern können – ein Beispiel dafür, wie wissenschaftliche Erkenntnisse direkt in die Pflegepraxis einfließen. Diese neue Rolle in der österreichischen Pflege bezeichnet sie als Chance: „Advanced Practice Nurses können Pflegequalität weiterentwickeln, weil sie Forschung und Praxis verbinden.“ Für die Zukunft wünscht sich Friedrich, dass dieses Potenzial noch stärker genutzt wird. „Wir sind nah an den Patient:innen und sehen, wo Verbesserungen möglich sind. Mein Ziel ist, dass unsere Arbeit nachhaltig etwas bewegt – für die Pflege und für die Menschen, die sie brauchen.“