Offen, Insel, Hellgrau, Schwarz oder eine Skulptur?
Das aktuelle Küchendesign spielt tatsächlich alle Stückeln und man kann sich einfach aussuchen, was erstens raumtechnisch möglich ist und zweitens kochtechnisch nötig.
Von Ursula Philadelphy
Der Herbst hat also dem Outdoor-Cooking den Garaus gemacht und wir schwenken wieder auf Indoor um und bemerken vielleicht, dass hier ein mehr oder weniger kleines Facelifting oder eine prinzipielle Änderung nötig wäre. Man muss es ja nicht gleich so „bunt“ treiben wie der Südtiroler Spitzenkoch Roland Lamprecht, der in seinem Höhlenrestaurant im Wald auf offenem Feuer das kocht, was gesammelt, getrocknet, geräuchert, gepökelt oder fermentiert wurde: von Schwammerln über Unkräuter und Baumwipfelsprossen bis zu Fischen und Hasen. Damit lässt er wirklich sämtliche Konventionen klassischer Küche hinter sich und sein Sommelier steht ihm in nichts nach.
Ein Koch oder eine Köchin in Westösterreich verliert ja schon die Contenance, wenn er/sie in Wien oder Neapel vor einem Gasherd steht. Also zurück in zivilisiertere Bereiche in normalem Alltagsleben. Das, was die großen Küchenmarken rein bildlich transportieren, ist ja für die Mehrheit der Menschen viel zu groß, und dort, wo man auf derartig ausladende Küchen trifft, sind sie nicht selten nur Show, weil die Gastgeber bei jedem größeren Dinner ohnehin auf Lieferservice der exklusiven Art setzen. Also: Was braucht man wirklich!? Wenn man sich die echten Profiküchen anschaut, dann definitiv weniger, sehr viel weniger, als man glaubt.
Auch die Frage offene Küche oder ein extra Raum wird meist schon vorgegeben sein. Bei kleineren Wohnungen gehen Küche, Ess- und Wohnbereich ja oft in einander über. Bleibt also nur mehr die Frage, ob eine Kücheninsel interessant und praktikabel wäre, und, als Generalthema, wie der Küchenbereich farblich aussehen soll. Wobei: Beim Thema Farbe, gemeint ist bunt, punkten maximal die Küchengeräte – vom ikonischen Smeg-Kühlschrank bis zu Kitchen-Aid-Geräten. In einem Punkt sind sich übrigens alle Küchengurus einig: Eine Küche ist immer Charaktersache und hängt in ihrer individuellen Beschaffenheit eben von der Persönlichkeit der Benutzer ab und von der Art, wie sie benützt wird, denn auch dieser Faktor ist ganz essentiell.
Gaggenau bietet hohes Niveau in Technik und Handwerkskunst und steht für zeitloses Design, ebenso wie Siematic oder Team 7 und Leicht, um nur einige zu nennen. Sehr oft ist puristisches Grau und ein Touch Eleganz zu finden. Individualisierungen entstehen dann durch die Arbeitsplatten, die Wahl von Ober- und Unterregalen oder doch Ober- und Unterschränken. Wobei diese Entscheidung wohl von der Häufigkeit des Kochens abhängt und eventuell auch von der Größe der Küche und wie man mit Schranktüren zurechtkommt. Bulthaup hingegen lebt von seinen ausgeklügelten Extravaganzen, gepaart mit handwerklicher Präzision, und ist einfach eine Klasse für sich. Die muss man wirklich in ihrer Konsequenz und in aller Purheit umsetzen – ohne irgendwelche Beigaben. Dieses Label hat den ungemeinen Pluspunkt, dass es auch für kleine Küchen einfach perfekt funktioniert.
Italienische Küchen geben sich gerne als Skulpturen im großen Raum. „Pur, reduziert und elegant“ sollte eine Küche sein, wie Boffi-Chef Roberto Gavazzi einmal meinte. Wie man beim Salone del Mobile gesehen hat, wo Boffi mit der von Zaha Hadid bereits 2004 entworfenen Küche „Cove“ in der Version „Cove 2025“ Furore machte, ist auch ein gewisser Kick nicht übel. Ein Traum von einer Kücheninsel mit weich geschwungener, fließender Linienführung und futuristischer Formensprache, wie man sie in Innsbruck von den Hungerburgbahnstationen kennt. Für eine Küche ziemlich raffiniert. Gavazzi vertritt aber auch eine noch wichtigere Meinung, nämlich, dass eine Küche letztlich die Persönlichkeit des Benutzers widerspiegeln sollte, da sie neben dem Schlafzimmer der Raum ist, den man am häufigsten benützt.
Dem Aspekt der Zeitlosigkeit frönt auch Soren Hvalsoe Garde, Gründer der berühmten dänischen Möbelmanufaktur, deren Markenzeichen handwerkliche Perfektion ist. Er setzt bei Küchen auf die Kombination aus Holz und Stein, weil beide Materialien zu reparieren sind und somit eine so gefertigte Küche eine jahrzehntelange Lebensdauer hat. Ein atout, wenn man umweltbewusst denkt – und zeitloses Design ist dann so etwas wie die Patina bei einem Lederfauteuil.
Beim italienischen Brand Modulnova setzt man auf schickes Design und paart es mit Funktionalität und einer satten Prise Individualität. So gibt es beim Modell „Blade Lab“ den Corpus des Küchenblocks aus hellgrauem Amarula-Raw-Stein – kombiniert für Schränke und einen Tisch mit dunklem Eukalyptusholzfurnier.
Auch Vipp pendelt zwischen satter Reduktion und schriller Provokation. Die Palette reicht einerseits von der Metallküche in edlem Tiefschwarz und der hellen Version in Weiß und inzwischen punktet man auch noch mit sattem Dunkelbraun. Am anderen Ende steht zweifelsfrei die rosa Sonder-Kreation des französischen Graffitikünstlers André Saraiva, der für seine Figuren mit langen Beinen und dem runden Kopf mit einem Kreis- und einem X-Auge berühmt ist. Der neueste Clou von Vipp, die V3, gibt sich allerdings wieder edel und super elegant. Die flexiblen Insel- und Wand-Module auf einzeln verstellbaren Beinen, für unebene Böden ideal, und kombinierbar natürlich mit passenden Hochmodulen. Das Kennzeichen der V3: Sie ist aus natürlich eloxiertem Aluminium mit vertikal stranggepressten Profilen.