Ein Popstar seiner Zeit: Vor 200 Jahren wurde Walzerkönig Johann Strauss geboren
Wien – Mit überschäumenden Melodien tröstete Johann Strauss (Sohn) nicht nur sein Publikum, sondern auch sich selbst. Er hatte nicht nur Harmonien, sondern auch Dissonanzen im „Hirnkastel“, wie er es nannte. Der Walzerkönig war Melancholiker, Nichttänzer und gescheiterter Opernkomponist. Am Samstag (25. Oktober) vor 200 Jahren wurde der „Schani“ geboren.
Hinter der Fröhlichkeit
Das fesche Dirigentengenie inmitten seines Orchesters. So stellt man sich den Walzerkönig vor, als Gewinnertyp mit kaiserlichem Backenbart. Holt man ihn von jenem Marmorsockel, auf dem sein vergoldetes Denkmal im Wiener Stadtpark steht, dann wird man entdecken, dass es schräge Töne in seiner Starpersönlichkeit gab. Nikolaus Harnoncourt erkannte in „all dem Lachen, das diese Musik erzeugen kann, einen großen Zynismus und eine große Traurigkeit“.
„Der Mistbub Johann“
Eigentlich hätte Johann Strauss, der am 25. Oktober 1825 als Kind von Johann und Anna Strauss zur Welt kam, Beamter werden sollen. So wollte es der berühmte Dirigentenvater. Schließlich war der Senior gleichen Namens der amtierende Walzerkönig, der diesen einst verpönten, erotisch-frivolen Tanz salonfähig gemacht hatte. „Jetzt will der Mistbub, der Johann, auch Walzer schreiben, wo er doch keinen Dunst davon hat.“ Berühmt sind diese dem Senior zugeschriebenen Worte. Er versuchte sogar, das Debüt seines neuen Rivalen zu verhindern – vergebens.
Der Junior machte den Walzer zur Popmusik des 19. Jahrhunderts, von „An der schönen blauen Donau“ und „Geschichten aus dem Wienerwald“ bis hin zu „Wiener Blut“.
Mit Musik zum Millionär
Johann II war der erste große Tourneemusiker, hinter dem ein riesiges Management stand, ein Unterhaltungskünstler, der mit seinen Brüdern Eduard und Josef auf Welttourneen ging – mitsamt Groupies. In Russland liebte man ihn. „Electric Strauss“ nannten ihn die Amerikaner. Der Schani wurde Millionär.
Was ihn schmerzte, war die Tatsache, dass seine einzige Oper „Ritter Pásmán“ ein Flop war. Er hätte gerne auch „ernste“ Musik geschrieben.
Operettenklassiker
Die Frauen trugen wesentlich zum Erfolg bei. Seine geschäftstüchtige Mutter managte die „Strauss-Fabrik“. Johanns erste Ehefrau, die um sieben Jahre ältere Sängerin Henriette „Jetty Treffz“ Chalupetzky, war seine Tourmanagerin, Notenkopistin und Ersatzmutter. Die Mezzosopranistin war es auch, die ihn überredete, sich an der Operette zu versuchen. „Die Fledermaus“, „Eine Nacht in Venedig“ und „Der Zigeunerbaron“ sind bis heute Klassiker des Genres.
Nach dem Tod seines „Jettymendscherls“ war es Johann unmöglich, sein Leben allein zu meistern. Also heiratete der 53-jährige Walzerkönig nur sieben Wochen nach Jettys Tod die 28-jährige Angelika „Lili“ Dittrich. Die aber brannte mit Franz Steiner durch, dem Leiter des Theaters an der Wien.
Flucht aus der Heimat
In der verwitweten Jüdin Adele Strauss fand Johann wieder eine Mutterfigur, die ihn managte. Weil er seiner erzkatholischen Heimat nicht wieder heiraten durfte, konvertierten beide zum Protestantismus und wurden Bürger von Sachsen-Coburg.
Strauss hinterließ Adele Tantiemen und Autorenrechte, dafür musste sie versprechen, dass sie nach seinem Tod nicht wieder heiraten würde. In ihren Armen starb er kinderlos mit 73 am 3. Juni 1899 an Lungenentzündung. Adele blieb ihm treu und wurde eine würdige Nachlassverwalterin. (APA, TT)