Winter in Europas höchstgelegenem Zoo
Auch bei Schneefall und Minusgraden sind fast alle der 2000 Bewohner des Alpenzoos gut aufgelegt unterwegs.
Von Nina Schrott
Wenn der Schnee die Landschaft unter seiner weißen Decke verschwinden lässt, die Luft frostig und die Tage kurz werden, man sich am liebsten zu Hause einkuschelt und heißen Tee schlürft, geht der Alltag im Innsbrucker Alpenzoo derweil überraschend normal weiter. „Unsere Bewohner sind echte Tiroler, die den niedrigen Temperaturen trotzen“, erklärt Direktor André Stadler augenzwinkernd. Seit acht Jahren leitet der gebürtige Deutsche den Alpenzoo. Vorher war er als Kurator im Zoo Wuppertal tätig. Was Stadler schmeichelhaft sagen will: Die Tiere des Alpenzoos sind, wie der Name schon sagt, Alpenbewohner und damit an Kälte und widrige Wetterverhältnisse gewöhnt. Er fügt hinzu: „Dass man die Tiere im Winter nicht zu Gesicht bekommt, ist also ein Märchen.“ Ein kleines Aber gibt es dennoch: „Die Schlangen und Murmeltiere halten Winterschlaf und lassen sich über die kalten Monate hinweg nicht blicken.“
Relaxphase
Aber verkriechen sich die beiden Braunbären Martina und Ander über den Winter nicht auch in ihre Höhle? „Es ist eine weit verbreitete Annahme, dass Bären Winterschlaf halten“, weiß Stadler. „Unser Weibchen Martina hält Winterruhe. Das heißt, sie wacht alle paar Tage auf und kommt raus. Der Ander hat sich dazu entschieden, gar nicht zu schlafen. Das ist nicht abnormal, sondern einfach sein Charakter.“ Was die beiden aber verbindet, ist, dass sie sich im Herbst gemeinsam einen gescheiten Winterspeck anfuttern. Dafür stehen größere Portionen auf ihrem abwechslungsreichen Menüplan: Neben Obst, Gemüse und Nüssen essen die beiden auch liebend gern Fleisch. „Ihre Leibspeise Honig darf ebenfalls nie fehlen“, erklärt Direktor Stadler.
„Auch an Tagen mit wechselhaftem Wetter lohnt sich ein Besuch im Zoo. Die Tiere sind dann oft sogar aktiver.“
André Stadler, Alpenzoo-Direktor
Außerdem wichtig im Winter: ein warmer, trockener Rückzugsort. Allgemein sei die Möglichkeit zum Zurückziehen und Verstecken eine Sache, auf die der Alpenzoo großen Wert lege, Sommer wie Winter. „Auch wenn es für die Besucher nicht ideal ist, aber im Grunde ist es für mich die größte Bestätigung, dass wir etwas richtig machen, wenn mir jemand erzählt, er habe ein Tier nicht entdecken können“, so Stadler.
Wer nun denkt, im Winter kuscheln sich Steinbock, Hase, Wisent und Konsorten nur im Innenstall ein, liegt aber falsch. „Gerade wenn frischer Schnee gefallen ist, tollen unsere Tiere draußen herum wie kleine Kinder“, berichtet Stadler. „Das sind perfekte Tage, um uns einen Besuch abzustatten.“ Aber auch bei wechselhaftem, regnerischem Wetter lohne sich das Vorbeischauen: „Wenn weniger Leute da sind, reagieren die Tiere eher auf die Besucher.“
Auf Rekordkurs
Laut einer aktuellen Aussendung nimmt der Alpenzoo heuer langsam, aber sicher einen neuen Besucherrekord in Angriff: Die Besuchszahlen liegen bereits jetzt leicht über jenen vom Vorjahr, was bedeutet, dass das Allzeithoch in greifbare Nähe rückt. Knapp 300.000 Menschen haben sich die Alpenbewohner heuer bereits aus der Nähe angeschaut. Den Rekord von 348.000 Besuchern aus dem Jahr 1991 gilt es bis Jahresende noch zu übertrumpfen.
An welchem Gehege Direktor Stadler am meisten Zeit verbringt und ob ihm ein Tier lieber ist als alle anderen, verrät er nicht: „Wenn mich eine Tiroler Graue mit ihren großen Augen ansieht, gefällt sie mir am besten. Wenn ich mich viel mit dem Dachs beschäftige, dann er. Das wechselt immer, schließlich mag ich sie alle.“