Gemeinsames Eisbaden bei jedem Wetter
Eine Innsbrucker Gruppe trifft sich das ganze Jahr über einmal die Woche zum Bad im Inn. Was sie dazu motiviert.
Von Marie Eisele
Das Wetter lässt zu wünschen übrig an diesem Herbstnachmittag. Es regnet in Strömen, die Temperaturen sind in den letzten Stunden stark gesunken. Trotzdem haben sich neun junge Frauen und Männer am Vodkiba Beach eingefunden, einem Sandstreifen am Innufer in der Nähe des Innsbrucker Hofgartens. Was sie vorhaben, lässt beim Gedanken daran frösteln: Für ein paar Minuten wollen sie in den neun Grad kalten Inn steigen. Zum Vergleich: Die meisten Menschen finden etwa 25 Grad Wassertemperatur angenehm.
Eisige Gemeinschaft
David ist seit drei Jahren Teil der Gruppe. Fast jeden Donnerstag ist er dabei, egal ob im Juli oder Jänner. „So um die zehn Leute kommen eigentlich immer“, erzählt er – auch bei Schneefall und Minusgraden. „Die Gemeinschaft hilft total dabei, sich zu motivieren“, sagt David, der kurz vor dem Abschluss seines Masterstudiums steht, „allein würde man das Eisbaden eher aufschieben.“
Die Gruppenteilnehmer verstauen ihre Kleidung so gut es geht unter Schirmen und in Plastiktüten, um sie vor dem Regen zu schützen. In Bikinis und Badehosen steigen sie in den Inn, der hier am Ufer kaum Strömung hat. Es wird geflucht, aber auch gelacht. „Die ersten dreißig Sekunden im Wasser sind die schlimmsten“, meint David. Danach gewöhne sich der Körper etwas an die Kälte. Nach dreißig Sekunden sind die ersten auch wieder draußen. Einzelne bleiben über fünf Minuten im Inn. „Mein persönlicher Rekord sind zwanzig Minuten“, erzählt David. Das sei aber nicht im Inn gewesen, sondern im Winter im Baggersee. Wichtig sei aber, nicht zu große Ambitionen zu haben. Gerade als Anfänger müsse man sich langsam an längere Zeiten herantasten.
Bibbern mit Benefits
Eisbaden ist im Trend. In den sozialen Medien findet man Tausende Bilder und Videos von Menschen, die sich in Fässern, Seen und Flüssen der Kälte aussetzen. In ganz Tirol werden Workshops angeboten, bei denen man die richtige Atemtechnik und Achtsamkeit fürs Eisbaden lernen kann. Das Baden im kalten Nass hat einige positive Folgen: Mehrere Studien belegen, dass es die Stimmung verbessert und ein gutes Herz-Kreislauf-Training für gesunde Menschen ist. Auch kann Eisbaden Schmerzen lindern und Entzündungen hemmen. Andere Effekte wie eine verbesserte Fettverbrennung wurden bisher nicht wissenschaftlich bestätigt.
Für David und die anderen Gruppenteilnehmer steht das gemeinsame Hochgefühl nach dem Baden im Vordergrund. „Man ist dann euphorisch und macht in der Gruppe zusammen Quatsch, lacht über Sachen, die sonst gar nicht so witzig wären.“ Eisbaden steigert das Gemeinschaftsgefühl, aber auch das individuelle Wohlbefinden. „Ich fühle mich danach immer viel ausgeglichener als davor“, sagt David. In stressigen Uniwochen helfe ihm das, den Kopf frei zu bekommen.
Während die Gruppe im Wasser ist, schauen ein paar Passanten vom Strand aus zu. „Oft finden die Leute das komisch, was wir hier machen“, erzählt David, „manche feiern uns aber auch.“ Die Badestelle liegt unter der Brücke der Hungerburgbahn, oft winkt die Gruppe den vorbeifahrenden Bahnen zu. „Manchmal hupt die Bahn dann, das ist immer ein Highlight“, so David. Und tatsächlich: Als die Gruppenteilnehmer sich gerade abtrocknen, in die regenfeuchten Kleider schlüpfen und miteinander spaßen, fährt die Bahn vorbei und hupt. Und alle jubeln ihr zu.
Tipps für den Einstieg ins Eisbaden
- Nur gesund ein Eisbad nehmen: Wer an chronischen Beschwerden leidet, sollte vor dem Eisbaden ein Gespräch mit dem Arzt führen. Bei einer Erkältung lässt man es lieber sein.
- Niemals allein: Am besten geht man in der Gruppe oder mit einer anderen Person.
- Keine zu hohen Ambitionen: Für den Anfang reicht eine halbe Minute im Wasser völlig aus. Längere Zeiten können den Körper überfordern.
- Nicht mit dem Kopf untertauchen: Das kann zu einem Kälteschock führen.
- Richtige Atemtechnik: Im kalten Wasser atmet man automatisch flach. Für einen erfolgreichen Ablauf sollte bewusst auf eine tiefe, langsame Atmung geachtet werden.