Die Gräuel der paramilitärischen RSF machen Al-Faschir zur Hölle auf Erden
Seit die Stadt Al-Faschir, die letzte Bastion von Sudans Armee in Darfur, an die RSF gefallen ist, sind die 250.000 Menschen in der Stadt in Lebensgefahr. Was ist los in dem ostafrikanischen Land?
Khartum – Im Schatten des Gaza-Kriegs und des russischen Überfalls auf die Ukraine bleibt die laut UNO größte humanitäre Katastrophe der Welt fast unsichtbar. Der seit zweieinhalb Jahren andauernde Konflikt zwischen der Armee und der Miliz RSF in der sudanesischen Region Darfur hat diese Woche einen neuen grausamen Höhepunkt erreicht.
Nach dem Rückzug der Armee aus der Großstadt Al-Faschir ist die Region nun fast komplett unter Kontrolle der paramilitärischen „Rapid Support Forces (RSF)“. Menschen, die fliehen konnten, berichten von willkürlichen Hinrichtungen, Massenmorden, Vergewaltigungen, Angriffen auf humanitäre Helfer, Plünderungen, Entführungen und Vertreibung. In einer Geburtsklinik etwa sollen mehr als 460 Patientinnen und Familienangehörige getötet worden sein.
Die Stadt war schon anderthalb Jahre von der Miliz belagert worden, die Bevölkerung litt bereits unter großem Hunger, Krankheiten und Angriffen. Rund 250.000 Menschen sind dort jetzt noch eingeschlossen. Die Menschen harren in Angst aus und haben keinen Zugang zu Nahrungsmitteln oder Medizin.
- Worum geht es in dem Konflikt? In dem ostafrikanischen Staat herrscht seit April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel-Fattah al-Burhan und seinem einstigen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF kommandiert. Im Kern geht es um die Kontrolle über Staat und Ressourcen. Die Generäle hatten nach dem Sturz des Langzeitdiktators Omar al-Baschir 2019 zunächst gemeinsam die Macht ergriffen. Sie zerstritten sich aber über die Frage, ob die militärisch und wirtschaftlich mächtige RSF in die Armee integriert oder als eigenständige Macht bestehen sollte.
- Anfang des Jahres gründeten die RSF formell eine Parallelregierung für die von ihnen kontrollierten Gebiete. In dem Konflikt sind bisher Zehntausende Menschen getötet worden. Rund zwölf Millionen Menschen mussten aus ihren Heimatregionen fliehen. Während die Armee die Hauptstadt Khartum zurückerobern konnte, haben die RSF die Kontrolle über Darfur gewonnen. Dies hat Befürchtungen ausgelöst, dass sich das Land dauerhaft spalten könnte. 2011 machte sich bereits der Südsudan aufgrund ethnischer, religiöser und wirtschaftspolitischer Gründe nach langem Bürgerkrieg vom Sudan unabhängig.
- Welche Faktoren spielen eine Rolle in dem Konflikt? In der Region Darfur ist der aktuelle Konflikt maßgeblich von ethnischen Faktoren geprägt, die eng mit den Fragen über Landrechte, Ressourcenverteilung und politischer Marginalisierung verwoben sind. Dabei geht es vor allem um die Konkurrenz um Land und Wasser zwischen traditionell nomadischen, arabischen Volksgruppen und sesshaften, nicht arabischen Gruppen.
- Welche Ziele verfolgt die RSF? Die Miliz will ihre Kontrolle in strategisch wichtigen Regionen festigen und sich als legitime politische Kraft etablieren. Letztlich will sie die Regierung übernehmen. Offiziell propagiert die RSF Ziele wie Demokratie und Gerechtigkeit, verfolgt in der Praxis aber vor allem die Sicherung von Macht, Ressourcen und politischem Einfluss. Die Miliz ist für Verbrechen gegen die Menschlichkeit bekannt, einschließlich des Niederbrennens ganzer Dörfer, Folter, Massenvergewaltigungen und Hinrichtungen.
- Ein rohstoffreiches Land. Der ostafrikanische Staat Sudan am Horn Afrikas mit rund 50 Mio. Einwohnern vor dem Krieg ist eines der rohstoffreichsten Länder Afrikas und verfügt über eine Vielzahl an Bodenschätzen, einschließlich Gold, Erdöl, Kupfer, Eisen und Uran. Die Gewinne kommen einer kleinen Elite des Landes zugute, die damit auch immer wieder bewaffnete Konflikte finanziert, während der Rest der Bevölkerung in Armut lebt. (TT, dpa)