Rechnungshof zum Klimaticket: Hohe Kosten, wenig Nutzen für die Umwelt
Es wurden viele Klimatickets verkauft, aber die Auswirkungen auf die Umwelt sind eher gering. Das attestiert der Rechnungshof dem österreichweiten Öffi-Ticket. Der Bericht übt insgesamt Kritik am Vorgehen des Verkehrsministeriums unter Leonore Gewessler.
Wien – Der Rechnungshof (RH) hat das Klimaticket in einem aktuellen Bericht unter die Lupe genommen. Registriert wurden dabei die hohen Verkaufszahlen des Tickets, das seit 2021 für fast alle Öffis in Österreich gilt. Den Nutzen für die Umwelt aber stufte der Rechnungshof angesichts der gesamten Emissionen des Verkehrssektors jedoch „als eher gering“ ein. Die Prüfer übten insgesamt Kritik am Vorgehen des Verkehrsministeriums unter der ehemaligen Ministerin Leonore Gewessler (Grüne).
Hohe Nachfrage, hohe Zuschüsse
Konkret kam bei dem Bericht heraus: 2023 wurden mit 243.754 Klimatickets etwa doppelt so viele verkauft, wie vorhergesagt worden war. Ein Kritikpunkt hier: Es wurde nicht erhoben, welche Kundengruppe die Tickets so stark nachfragte. Die Kosten fürs Budget sind jedenfalls durchaus hoch. Von Oktober 2021 bis Ende 2024 schoss der Bund dem Klimaticket 520 Millionen Euro zu. Für regionale Klimatickets flossen im selben Zeitraum weitere 610 Mio. Euro.
Kritik am Verkehrsministerium äußerte der Rechnungshof dahingehend, dass dieses nur die Auswirkung durch die reduzierten Treibhausgasemissionen abgeschätzt hätte – und nannte im Gegenzug etwa weniger Unfälle, weniger Luftschadstoffe oder weniger Lärmbelästigung als weitere volkswirtschaftliche Effekte.
Was die Treibhausgasemissionen betrifft, so bewertete der Rechnungshof die Reduktion durch das Klimaticket als „eher gering“. Denn die gesamten Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors betrugen im Jahr 2023 rund 20 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente – mit dem Klimaticket sollten diese um 0,2 Prozent gesenkt werden, hieß es dazu im Bericht.
„Unrealistische Annahmen“ zum Mobilitätsverhalten
Beim 2024 eingeführten Gratis-Klimaticket Österreich für 18-Jährige vermisste der RH indes eine Abwägung zwischen den dafür notwendigen finanziellen Mitteln und „einem alternativen Mitteleinsatz für Infrastrukturausbau oder Angebotsausweitung.“ Dieses Gratis-Ticket wurde heuer im April wieder abgeschafft.
Auch der Ansatz des damals von Gewessler geführten Verkehrsministeriums, dass die jungen Erwachsenen eine unterrepräsentierte Kundengruppe darstellen würden, war dem RH nicht nachvollziehbar. Ebenso sei bei den Schätzungen zu den Auswirkungen für das Gratis-Ticket mit „unrealistischen Annahmen“ zum Mobilitätsverhalten der Zielgruppe gearbeitet worden. Als Beispiel wurde die Hypothese genannt, dass die potenziellen Nutzer ohne Ticket sämtliche Wege mit dem Auto zurücklegen würden.
Angesichts der vom Verkehrsministerium angekündigten Evaluierung zum Klimaticket Österreich empfiehlt der Rechnungshof die Unterscheidung zweier Aspekte: „Veränderungen des Mobilitätsverhaltens aufgrund nicht beeinflussbarer Rahmenbedingungen – wie Bevölkerungswachstum – und solchen Veränderungen, die auf den reduzierten Jahresnetzkartentarif zurückzuführen sind.“ Laut Evaluierung des Wiener Modells könne die Öffi-Nachfrage durch Attraktivierung erhöht werden, wenn „gleichzeitig der motorisierte Individualverkehr weniger attraktiv gestaltet ist.“
Grüne: Mehr als nur eine Klimaschutzmaßnahme
Die Grünen reagierten am Freitag mit einer Aussendung auf die RH-Kritik und hoben unter anderem hervor, dass das Klimaticket „weit mehr als nur eine Klimaschutzmaßnahme“ sei. Elisabeth Götze, Verkehrssprecherin der Grünen, bezeichnete es als „eine verkehrspolitische Erfolgsgeschichte mit enorm positiven Auswirkungen für die Umwelt, das Klima und die Geldbörsen der Menschen.“ (APA)