Festnahme beim Mittagessen

Flüchtiger Häftling und Parteigründer: Der filmreife Plot eines Betrugsprozesses

Statt dem Einzug in den Nationalrat droht dem bereits mehrfach verurteilten Angeklagten eine weitere Strafe wegen Betrugs.
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Anklage wegen schwerem gewerbsmäßigen Betrug: Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Sponsorgelder statt in die Wahlwerbung in den Lebensunterhalt des Beschuldigten flossen.

Ein Häftling, der 2019 nach einem Ausgang nicht mehr zurückgekehrt war, hat auf der Flucht eine Partei gegründet und dafür Sponsoren gesucht. Seit Montag steht er in Wien vor Gericht. Er soll die ihm zur Verfügung gestellten Gelder anderweitig verwenden und weitere Betrügereien gemacht haben. Festgenommen wurde er im Herbst 2024 - und das eher zufällig, weil er mit einem ebenfalls von der Justiz Gesuchten essen war.

Sogar der Staatsanwalt sprach in seinem Eröffnungsplädoyer von „filmreifen Hintergründen“ in der Causa. Der Beschuldigte war schon mehrfach vor Gericht und saß 2019 gerade eine Haftstrafe ab, als er von einem Haftausgang nicht zurückkehrte. Unter neuer Identität mietete er sich in Wien in Hotels ein oder lebte in Wohnungen zur Kurzzeitmiete. „Ich habe mich nicht versteckt. Es hat mich niemand gesucht“, sagte er dem Schöffengericht.

190.000 Euro von Sponsoren für Partei

2021 gründete er die Partei „Ja zu Österreich“ und ließ diese auch eintragen. „Ich habe Tag und Nacht für die Partei gearbeitet“, sagte der Beschuldigte nun. Um bei der Nationalratswahl im Herbst 2024 anzutreten, suchte er Geldgeber. Von drei Personen bekam er 190.000 Euro, die er sich auf sein privates Konto überweisen ließ. Als Begründung dafür gab er an, dass es noch kein Parteikonto gab, weil es noch keinen Parteivorstand gab.

Dieser wurde erst im Sommer 2024 installiert und auch ein Spitzenkandidat gesucht. Auch der Online-Auftritt und die mediale Werbung wurden erst da gestartet. „Das kostet ja alles Geld. Das muss man erst kurz vor der Wahl machen, sonst verpufft man es und keiner kann sich erinnern“, begründete er die Vorgehensweise. Den Sponsoren sei eine Art Verzinsung der Investition versprochen worden, wenn die Partei den Einzug in den Nationalrat schaffe.

Antritt nur bei Wien-Wahl statt österreichweit

Im Sommer 2024 allerdings beschloss er, aufgrund fehlender Gelder nicht bei der Nationalratswahl, sondern lieber bei der Wien-Wahl im Oktober 2024 anzutreten. „So sind die Bedingungen in dem Vertrag aber unerfüllbar, wenn Sie nicht zur Nationalratswahl antreten“, merkte die Richterin an. Der Angeklagte, der aus der Strafhaft vorgeführt wurde, verteidigte sich: „Alle haben es gewusst, ich habe nichts im Alleingang gemacht.“ Die Vorgangsweise habe er mit seinen Sponsoren besprochen. Er gab sogar eine Pressekonferenz.

Dass es zu einer erfolgreichen Wahl nicht mehr kam, sah der Angeklagte seiner Festnahme geschuldet. Bei einem Mittagessen mit einem Bekannten, der in illegale Geschäfte involviert sein soll, wurde auch sein Ausweis kontrolliert. Die Polizisten fanden heraus, dass er gesucht wurde. Zudem wurden 40.000 Euro Bargeld in seinem Auto sichergestellt. Seiner Meinung nach hätte der Parteivorstand die Wien-Wahl vorbereiten müssen. „Aber die haben sich zurückgelehnt und nichts gemacht“, sagte der Beschuldigte.

Gelder für Lebenserhalt verwendet

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautete, dass der Mann die Gelder nicht in den Werbeauftritt der Partei investiert habe, sondern vielmehr in seinen eigenen Lebenserhalt. So seien Laptop, ein Leasing-Auto und eine Vespa angeschafft worden. Auch Kleidung und Benzinkosten habe der Mann über die Partei abgerechnet, weshalb die Staatsanwaltschaft wegen gewerbsmäßigen schweren Betruges anklagte. Der Beschuldigte behauptet aber, er könne alle medialen Auftritte mit Rechnungen belegen.

Dem Mann wird auch vorgeworfen, für Investitionen einer zypriotischen Firma Gelder erhalten zu haben, die es nie gab. Auch das bestreitet er, die Gründung habe sich aufgrund der Namensfindung verzögert. Es hätten nur noch zwei Unterschriften gefehlt. Insgesamt soll sich der angerichtete Schaden auf mehr als 300.000 Euro belaufen. Aufgrund zahlreicher Zeugen wird die Verhandlung am 20. November fortgesetzt. (APA)