Winterwetter

Orkan „Andrea“: Zugang zum Kühtai "dicht"

10.000 Haushalte mussten am Donnerstag in Tirol ohne Strom auskommen, weil umfallende Bäume die Stromleitungen gekappt haben. Der Zugang zum Kühtai wurde wegen der starken Schneeverwehungen aus Sicherheitsgründen über Nacht verriegelt.

Innsbruck – Orkan „Andrea“ zog am Donnerstag auch über Tirol. Besonders betroffen war das Grenzgebiet zwischen Vorarlberg und Tirol. Bis zu einem Meter Neuschnee und mehr sind am Arlberg und im Silvrettagebiet zu erwarten. Entlang des Alpenhauptkammes ist für die kommenden Tage verbreitet mit Lawinenwarnstufe 4 zu rechnen. Spontanabgänge von Lawinen sind demnach möglich.

Das wurde am Abend auch im Sellrain deutlich - ab St. Sigmund musste der Zugang zum Tal aus Sicherheitsgründen gesperrt werden. Auf Höhe der Zirbenbach Alm war zuvor eine Staublawine abgegangen. Wegen der starken Windböen musste der Zugang vorerst abgeriegelt werden. Die Lawinenkommission teilte mit, dass der Zugang zum Kühtai zu beiden Seiten über Nacht gesperrt bleiben würde, am Morgen sollte dann das weitere Vorgehen besprochen werden.

Ausläufer des Sturms haben am Nachmittag auch im Außerfern aufgeschlagen: Nach Angaben des Bezirksfeuerwehrkommandos waren sieben Wehren mit Einsätzen beschäftigt.

Bäume stürzten unter anderem in Steeg, Musau oder Nesselwängle auf Wohnhäuser oder verlegten Straßen. Bei Bach musste die Lechtalbundesstraße wegen Lawinengefahr gesperrt werden. Die Umleitung erfolgte über Nebenstraßen. Meldungen über Verletzte lagen zunächst nicht vor.

In Teilen Tirols sorgten zerstörte Stromleitungen dafür, dass mehrere Tausend Haushalte ohne Strom auskommen mussten. Wie die Tiwag am Abend mitteilte, sollen mehrere 25-KV-Leitungen durch umgestürzte Bäume gekappt oder zerstört worden sein. Betroffen waren unter anderem Hochfilzen, Hopfgarten, Reith, Hopfgarten, Rohrberg im Zillertal, Kühtai, Landeck und einige Orte am Arlberg. Laut Tiwag waren 10.000 Haushalte betroffen. Derzeit wird an der Lösung des Problems gearbeitet.

Im Paznaun waren die örtliche Lawinenkommissionen zur Beratung zusammengetroffen - Anlass für Straßensperren gab es jedoch nicht. Dennoch fielen auf der Bieler Höhe bei Galtür 30 Zentimeter Neuschnee, in Ischgl immerhin noch 15 Zentimeter. Dort wurde die Großtallawine oberhalb des Weilers Paznaun routinemäßig abgesprengt.

Die Sturmwarnungen blieben trotz allem nicht ohne Folgen: Dutzende verunsicherte Gäste seien vorzeitig abgereist, wie Wirte in Ischgl und Galtür erzählten. Einige sprachen von "unnötiger Panikmache".

Erste Lifte stehen still

Unterdessen haben vor allem Liftbetreiber auf die Wetterwarnungen reagiert. Auf dem Stubaier Gletscher standen am Donnerstag die Lifte still. Auch am Arlberg, der Silvretta und dem Pitztaler Gletscher war zum Teil der Betrieb eingestellt.

Der Rot-Kreuz-Ball in Elbigenalp, der am Donnerstagabend stattfinden sollte, wurde wegen der zu erwartenden schlechten Straßenverhältnisse abgesagt. „Die Wettervorhersage ist so schlecht. Deshalb haben wir unseren Ball auf 28. Jänner verschoben“, sagte Obmann Martin Holzmann gegenüber der Tiroler Tageszeitung.

Wintergewitter nicht ausgeschlossen

Die ZAMG-Experten sehen in den kommenden zwei Tagen reichlich Schnee auf Tirol zukommen. Nach dem verregneten Vormittag wird es vor allem im Außerfern und im Oberland heftig zu schneien beginnen. Am Abend und in der Nacht fällt der Schnee dann in ganz Tirol bis in die Täler. Auch Wintergewitter können laut ZAMG entstehen. Ab dem späten Nachmittag warnen die Experten vor starken Schneeverwehungen. Denn es wird stürmisch: Böen von 80 bis 100 km/h dürften keine Seltenheit sein.

Am Freitag werden in Nordtirol den ganzen Tag dicke Flocken fallen. Vor allem in den Staulagen werden weitere 30 bis 60 Zentimeter Neuschnee dazukommen, inneralpin wird es etwas weniger. Nur in Süd- und Osttirol abseits des Hauptkammes kommt es nur sporadisch zu Schauern.

Fernpass-Straße umfahren

Die Fernpass-Straße soll in den nächsten Tagen großräumig über Kufstein umfahren werden. Winterausrüstung ist für alle erforderlich. „Aufgrund der extremen Wetterverhältnisse ist mit Problemen auf der Fernpass-Straße zu rechnen. Wir sind zwar auf die Situation vorbereitet, gehen aber davon aus, dass es zu massiven Behinderungen im Reiseverkehr etwa durch hängengebliebene Fahrzeuge kommen wird“, so Bezirkshauptfrau Katharina Rumpf. Es besteht sogar die Gefahr, dass die Fernpass-Straße wegen Lawinengefahr gesperrt werden muss.

Als „ungute und kritische Situation“ bezeichnet Rudi Mair vom Lawinenwarndienst die Lage in den kommenden Tagen. Die Lawinenwarnstufe wird auf Stufe 4 steigen. „Und die Tendenz deutet weiter nach oben.“ Er will die höchste Stufe 5 noch nicht aussprechen. Von Touren und Skifahrten abseits der Piste rät er dringend ab. Durch Wind, der orkanartige Ausmaße annehmen könne, verschärfe sich die Situation weiter. „Es kann zudem sein, dass Straßen und Skipisten gesperrt werden müssen“.

Lawineneinsatzzug aktiviert

Beim Militärkommando für Tirol laufen die Vorbereitungen nach den Wetterprognosen auf Hochtouren. Der so genannte Lawineneinsatzzug wurde mittlerweile aktiviert. Auch was die Besetzung mit Hubschraubern betrifft, wurden Vorkehrungen getroffen. Sowohl in Landeck als auch in Schwaz wird ein Helikopter vom Typ Aloutte bereitstehen. Auch sonst gibt es zahlreiche vorbereitende Maßnahmen seitens des Heeres. Und das stellt das Militär dieser Tage durchaus vor Herausforderungen. Denn parallel dazu laufen für die Kräfte auch die Planungen für die Jugend-Winterspiele.

Keine besonderen Vorbereitungen gibt es bei den Feuerwehren im Land. „Wenn wir von der Leitstelle alarmiert werden, dann werden wir wie gewohnt ausrücken“, sagt Landesfeuerwehrkommandant Klaus Erler. In den jeweiligen Katastrophenlagern der Bezirke werden auch Stromaggregate bereitgehalten. „Wenn Orte von der Außenwelt abgeschnitten sind, dann gibt es auch meist in Sachen Elektrizität Probleme“, sagt Erler. Für solche Fälle sei man ohnehin vorbereitet.

Am Samstag soll sich das Wetter ein wenig beruhigen -bevor am Sonntag und Montag die nächste Schneefront ins Land zieht. Bis inklusive Dienstag werden Frontsysteme in rascher Folge von Nordwesten gegen die Alpen ziehen. In den Nordstaulagen sei mit weiteren Schneefällen zu rechnen. Bis zu einem halben Meter Schnee könnte dann noch dazu kommen. Der Wind dürfte weiter lebhaft bis kräftig blasen, sodass auch die Lawinensituation prekär bleibt. (chris, mw, tt.com, APA)