Wahlen im Iran

„Ahmadinejad wird seine restliche Amtszeit am Abstellgleis regieren“

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Im Iran steuert das Bündnis der konservativen Kleriker nach Auszählung von 93 Prozent der Stimmen eine Zweidrittelmehrheit im künftigen Parlament an. Laut einem Analysten in Teheran ist das iranische Volk großer Verlierer dieser Wahl.

Teheran - Wahlsieger im Iran ist der derzeitige Parlamentspräsident Ali Larijani, der in seinem Wahlkreis Ghom mit großer Mehrheit gewählt wurde. Seine Partei der Prinzipalisten konnte landesweit Stimmengewinne verbuchen und nun noch stärker gegen den großen Verlierer dieser Wahl, Präsident Mahmoud Ahmadinejad, agieren.

Die Prinzipalisten fühlen sich den Prinzipien der islamischen Revolution von 1979 verpflichtet. Die Konservativen werfen dem Staatschef vor, er wolle mit einem nationalistischen Kurs die Macht und den Einfluss des Klerus beschneiden. Larijani ist ein enger Berater des obersten Führers Ali Khamenei und steht dem religiösen Klerus des Landes nahe.

„Khamenei längst von Ahmadinejad abgewandt“

Ein Analyst in Teheran erklärt den Ausgang der Parlamentswahl für die politische Zukunft des Iran und sieht das Volk als eigentlichen Verlierer: „Es gab ja eigentlich nur die Auswahl zwischen Ahmadinejad und Larijani, der als Platzhalter (...) Khameneis fungiert. Da diejenigen, die zur Wahl gegangen sind, eher enttäuscht vom Wirtschaftskurs des Präsidenten waren, haben sie das geringere Übel Larijani gewählt. Das bedeutet, dass Ahmadinejad für seine restliche Amtszeit am Abstellgleis regieren wird, denn sowohl Larijani als auch Khamenei haben sich längst von Ahmadinejad abgewandt und profitieren nun von dieser Denkzettelwahl für den ehemaligen Robin Hood der politischen Bühne des Landes“, so der Analyst.

Und weiter: „Der große Verlierer dieser Wahl ist aber nicht Ahmadinejad sondern die iranische Bevölkerung. Denn durch die Sanktionen und den Atomstreit wird es immer schwieriger, sich über Wasser zu halten. Da interessiert man sich nicht für die Parlamentswahlen, weil sich ohnedies nichts ändern wird. Das erklärt auch die Millionen Nicht-Wähler, deren Zahl weit höher ist, als von der Regierung angeben.“

Von solchen Einschätzungen will das offizielle Iran aber nichts wissen: Innenminister Mostafa Mohammad Najar meinte vor Journalisten, dass über 64 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben hätten. So hätten bisher 190 Abgeordnete den Einzug ins neunte Parlament geschafft. Zudem seien bereits 29 Millionen Stimmen ausgezählt worden. Am Montag in der Früh hatten die meisten der Wahlkreise ihre Stimmzählung bereits abgeschlossen. Ein vorläufiges Ergebnis wird im Laufe des Montags erwartet. Der Wahlausgang wird sich vor allem auf die Innen- und Wirtschaftspolitik auswirken.

Keinen Einfluss auf Atompolitik

Erwartet wird, dass Ahmadinejad Kurskorrekturen in den verbleibenden 16 Monaten seiner Amtszeit vornehmen muss. Weil das Parlament bei wichtigen strategischen Entscheidungen nichts zu sagen hat, beeinflusst das Wahlergebnis aber weder die Atomgespräche mit dem Westen noch die damit verbundenen Sanktionen. Außerdem stehen die meisten Abgeordneten hinter der umstrittenen Urananreicherung der Staatsführung.

Vertreter der Opposition, die zum Wahlboykott aufgerufen hatte, sprachen auch am Montag von einer frisierten Wahl. Änderungen bei der Sitzverteilung sind nicht ausgeschlossen, weil der Wächterrat die Ergebnisse aus dem Innenministerium erst bestätigen muss. In einigen Regionalkreisen wird es eine Stichwahl geben. Der Termin hierfür liegt bisher nicht vor. (APA)