Weltpolitik

Östliche Region Libyens rief Autonomie aus

Politiker und Stammesvertreter haben in der libyschen Stadt Benghazi die Autonomie für die östliche Region Cyrenaika (Kyrenaika) ausgerufen.

Benghazi/Tripolis - Politiker und Stammesvertreter haben in der libyschen Stadt Benghazi die Autonomie für die östliche Region Cyrenaika (Kyrenaika) ausgerufen. Bei einer Veranstaltung, an der etwa 3.000 Menschen teilnahmen, erklärten sie am Dienstag, sie wollten kein Auseinanderbrechen Libyens provozieren. Ihr Ziel sei es jedoch, ein föderales System zu etablieren, wie etwa in Spanien. Die historische Region der Cyrenaika umfasst neben Benghazi auch die weiter östlich gelegenen Städte Darna und Tobruk und reicht bis nach Ajdabija im Westen.

Auf dem Gebiet liegen mehrere bedeutende Ölfelder. Das Streben nach Autonomie dürfte daher für Verunsicherung bei internationalen Öl-Konzernen sorgen, die nun möglicherweise ihrer Förderverträge neu aushandeln müssen.

Der neue Rat in Benghazi lehnt ein neues Wahlgesetz ab, demzufolge 60 der 200 Parlamentssitze für die östliche Region vorgesehen sind. Gewählt werden soll im Juni. Der Nationale Übergangsrat (NTC) hat sich wiederholt gegen die Ausrufung der halbautonomen Region ausgesprochen und vor einem Auseinanderbrechen des Landes gewarnt.

An die Spitze der Verwaltung setzten die Delegierten Ahmed al-Senussi. Er ist ein Verwandter des früheren Königs Idris und war während der Diktatur des 2011 gestürzten Machthabers Muammar al-Gaddafi aus politischen Gründen inhaftiert.

Aus der Gründungserklärung des Rats ging nicht hervor, ob das Gremium sich als Teil oder als Rivalen des Übergangsrats versteht. Auch einer der Veranstalter des Treffens äußerte sich ausweichend und sagte, das Verhältnis zum NTC in Tripolis müsse auf dem Verhandlungsweg geklärt werden. Im Gründungsaufruf wurde der NTC als Symbol der nationalen Einheit und legitime Vertretung Libyens im Ausland bezeichnet.

In Tobruk und in der Hauptstadt Tripolis formiert sich allerdings Widerstand gegen diese Idee. In Tobruk demonstrierten nach Angaben von Augenzeugen bereits am Montagabend mehrere Hundert Menschen gegen das Prinzip des Föderalismus. Auch in Tripolis gab es nach Angaben arabischer Medien kleinere Protestaktionen.

Der im Dezember 1951 durch UNO-Beschluss unabhängig gewordene libysche Staat entstand durch die Vereinigung von drei völlig verschiedenartigen Landesteilen: das urbane Tripolitanien im Westen gehört zum Maghreb, die Cyrenaika im Osten zum arabischen Orient und der südliche Fezzan zur Sahara. Der damals inthronisierte König Idris I. war Emir der Cyrenaika und Oberhaupt des im 18. Jahrhundert gegründeten mystisch-puritanischen Senussi-Ordens. Er wurde 1969 in einem unblutigen Militärputsch unter Führung Gaddafis gestürzt. (APA/dpa/sda/Reuters)