EZB nach Milliardenflut abwartend, leichte Rezession in Eurozone
Nach der jüngsten Milliardenflut für die Banken halten sich Europas Währungshüter mit weiteren Krisenmaßnahmen vorerst zurück.
Frankfurt - Kurz vor dem Ende der Zustimmungsfrist für den griechischen Schuldenschnitt halten Europas Währungshüter ihr Pulver trocken. Die Zinsen im Euroraum bleiben wie erwartet auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent. Das beschloss der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag, wie die EZB in Frankfurt mitteilte. Volkswirte hatten mit der Zinspause gerechnet.
Während die Staatsschuldenkrise weiter brodelt und der Ausgang des Forderungsverzichts der privaten Hellas-Gläubiger Europa in Atem hält, wird die EZB nach Überzeugung von Experten vorerst auch keine weiteren Stützungsmaßnahmen für das Bankensystem beschließen.
EZB will nach Geldregen abwarten
Zumal führende Notenbanker angekündigt hatten, dass die EZB nach dem erneuten Geldregen für Banken Ende Februar zunächst die Wirkung dieser Geschäfte abwarten wolle. In der vergangenen Woche hatte die EZB den Geschäftsbanken fast 530 Mrd. Euro für den außergewöhnlich langen Zeitraum von bis zu drei Jahren geliehen. Die Geldspritze soll das Vertrauen der Banken untereinander stärken und eine Kreditklemme verhindern. Nach der ersten derartigen Liquiditätsspitze im Dezember hatte sich die Lage an den Anleihemärkten und Börsen deutlich entspannt.
Europas Währungshüter hatten den wichtigsten Zins zur Versorgung der Geschäftsbanken im Euroraum mit Zentralbankgeld Ende 2011 in zwei Schritten gesenkt. Seither deuten Konjunkturdaten auf eine allmähliche Stabilisierung hin, auch wenn die Risiken insbesondere im Zusammenhang mit der Staatsschuldenkrise hoch bleiben. EZB-Präsident Mario Draghi hatte zuletzt Anzeichen für eine „allmähliche Stabilisierung auf niedrigem Niveau“ ausgemacht.
Sollte sich die Staatsschuldenkrise wieder zuspitzen und beispielsweise Athen in die ungeordnete Insolvenz rutschen, dürfte die EZB ihrer Rolle als Schnelleinsatzgruppe aber wieder gerecht werden, vermuten Volkswirte. „Sie steht auch weiterhin Gewehr bei Fuß, wenn es gilt, dem Risiko neuer Finanzmarktspannungen kraftvoll entgegenzutreten“, ist etwa Unicredit-Ökonom Marco Valli überzeugt.
Gegen weitere Zinssenkungen spricht zunächst aber der jüngste kräftige Ölpreis-Anstieg. Dieser verhinderte, dass die Inflationsrate den erwarteten Rückzug antreten konnte: Stattdessen kletterte die Euro-Teuerung im Februar auf 2,7 Prozent. Die EZB sieht die Preisstabilität bei Raten bis knapp unter 2,0 Prozent gewahrt. Niedrige Zinsen verbilligen tendenziell Kredite und können so das Wachstum anschieben. Allerdings befeuern sie zugleich die Inflation.
Inflation bleibt hoch
Der Euroraum steuert nach Einschätzung der Europäische Zentralbank (EZB) auf eine leichte Rezession zu. Nach einem schwachen vierten Quartal 2011 haben die Währungshüter ihre Wachstumsprognose gegenüber der letzten Vorhersage vom Dezember gesenkt. Inzwischen erwarten sie, dass das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um 0,1 Prozent sinken wird (Spanne minus 0,5 Prozent bis plus 0,3 Prozent).
Im Jahresverlauf dürfte sich die Wirtschaft im Euroraum aber allmählich wieder erholen, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt. 2013 soll die Wirtschaft im Euroraum nach der Vorhersage wieder zulegen. Erwartet wird ein Plus von 1,1 Prozent (0,0 Prozent bis 2,2 Prozent).
Gleichzeitig hat die Notenbank ihre Prognose für die Preisentwicklung nach oben revidiert. „Die Inflation wird 2012 voraussichtlich über der Marke von zwei Prozent bleiben“, sagte Draghi. Dies liege vor allem an dem jüngsten Anstieg der Energiepreise und anstehender Steuererhöhungen. Insgesamt prognostiziert die EZB für 2012 eine Inflationsrate von 2,4 Prozent (Spanne 2,1 Prozent bis 2,7 Prozent).
Im kommenden Jahr werde der Preisdruck nachlassen. Die Inflationsrate dürfte demnach unter den Zielwert der EZB von knapp 2 Prozent auf 1,6 Prozent (0,9 Prozent bis 2,3 Prozent) fallen. Im Dezember hatte die EZB für 2012 eine Teuerung von 2,0 und für 2013 von 1,5 Prozent vorhergesagt.
Griechen-Bonds wieder als Sicherheit
Die Europäische Zentralbank (EZB) akzeptiert griechische Anleihen wieder als Sicherheit für Kredite. Wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte, beschloss der EZB-Rat am Donnerstag, ein im Juli 2011 von den Euro-Staats- und Regierungschefs verabschiedetes Programm zu starten. Damit können griechische Bonds über den Rettungsschirm EFSF in Papiere mit zusätzlichen Sicherheiten umgetauscht werden. Der EFSF garantiert für die Anleihen mit eigenen Wertpapieren über bis zu 35 Mrd. Euro.
Das dürfte vor allem eine gute Botschaft für griechische Banken sein, die besonders viele Griechenland-Bonds halten. Üblicherweise können diese bei der EZB als Pfand für Kredite hinterlegt werden. Doch nach der Abstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands durch die Ratingagentur Standard & Poor‘s (S&P) auf einen teilweisen Zahlungsausfall („Selective Default“) Ende Februar hatte die Notenbank beschlossen, vorübergehend griechische Staatsanleihen sowie von Griechenland garantierte Wertpapiere nicht mehr als Sicherheiten für Kreditgeschäfte zu akzeptieren. (APA/dpa)