Bühne

Auf Suche nach der besten Lösung

Auf dem Wunschzettel von Architektenkämmerer Hanno Vogl-Fernheim stehen Wettbewerbe, Gestaltungsbeiräte, kompromissbereitere Denkmalschützer und Stadtplaner mit Visionen.

Von Edith Schlocker

Innsbruck –Dass sich ein Tirol-Besuch heute nicht mehr nur seiner mittelalterlichen Altstädte, alten Bauernhäuser und Kirchen, sondern auch seiner modernen Architekturen wegen lohnt, ist unübersehbar. Ein für Innsbruck städtebaulich wichtiges Projekt ist derzeit noch im Entstehen. Das vom Wiener Büro Henke/Schreieck geplante „headline“-Gebäude an der Ecke Brunecker-/Museumstraße. Dominiert von einem 49 Meter hohen Turm mit dreieckigem Grundriss. Seine Ecken sind abgerundet und werden durch rostige Stahlbänder mit dem flachen, raffiniert geknickten Trakt elegant zusammengebunden.

Ein Gebäude, das Innsbrucks Skyline prägen wird und das es ohne einen Architekturwettbewerb im Vorfeld so nicht geben würde. „Wettbewerbe ermöglichen es dem Bauherrn, die städtebaulich, gestalterisch, wirtschaftlich und funktional beste Lösung für ein Projekt zu finden“, so Hanno Vogl-Fernheim, der Vorsitzende der Sektion Architekten der Kammer für Architekten und Ingenieurkonsulenten für Tirol und Vorarlberg.

Wenn auch Architekturwettbewerbe nicht immer ein Garant für Qualität sind. Man denke nur an das architektonisch alles andere als überzeugende neue Innsbrucker Eisstadion. Wäre allerdings das Siegerprojekt – ebenfalls von Henke/Schreieck – des Wettbewerbs für die Schwazer Stadtgalerien ausgeführt worden, würde nun kein – wie Kritiker meinen – gesichtsloses Allerweltsgebäude in dieser sensiblen innerstädtischen Lage entstehen.

Unmöglich wäre so eine baukünstlerische Todsünde, gäbe es in Schwaz einen Gestaltungsbeirat, wie ihn die Architektenkammer seit Jahren fordert. In Innsbruck soll ein solcher noch heuer installiert werden. Um architektonischen Wildwuchs außerhalb der Schutzzonen zu vermeiden, über die der SOG-Beirat wacht. Wünschenswert wäre allerdings ein tirolweiter Gestaltungsbeirat.

Um so unsäglichen Diskussionen, wie sie seit Monaten rund um die Hotelpläne am Obernberger See stattfinden, den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Unter einem Naturrefugium verstehe ich etwas anderes“, sagt Vogl-Fernheim, für den das umstrittene Projekt „architekturmäßig ein Wahnsinn“ ist. Wobei es ihm keineswegs darum gehe, nur zu verhindern, sondern das Beste für diesen sensiblen Ort zu wollen. Inklusive der Überlegung, das alte Gasthaus zu sanieren.

Sensibilität ist auch bei zwei weiteren Projekten gefragt. Der Zukunft der – nach dem Umzug des Riesenrundgemäldes auf den Berg Isel verwaisten – denkmalgeschützten Rotunde sowie der von Josef Lackner erbauten Kirche St. Norbert in Pradl. Für beide Gebäude stellt sich die Frage einer sinnvollen Nachnutzung. Vogl-Fernheim würde es jedenfalls sehr bedauern, wenn nach dem Sigmund-Kripp-Haus ein weiterer Lackner-Bau geschleift werden würde. Die Rotunde würde er dagegen abreißen, ist sie für ihn doch ein Gebäude, das ohne seinen ursprünglichen Inhalt „keinen Sinn mehr macht“.

Die Auflagen durch das Denkmalamt sieht der Architektenkämmerer weniger als Einschränkung, denn als Herausforderung. Auch wenn für ihn die Positionen so mancher Denkmalschützer zu starr sind. Weniger gnädig ist er mit der Innsbrucker Stadtplanung. Sie reagiere nur, anstatt aktiv zu agieren. Vermisst werden Visionen, ein großflächiges Denken, ein prinzipielles Nachdenken über die Entwicklung der Stadt. Etwa die immer wieder angedachte und doch nie praktizierte Orientierung zum Inn hin. Schöne Möglichkeiten böten sich hier angesichts der geplanten Sanierung und Erweiterung der Markthalle.

Erst nach langen Kämpfen mit der Innsbrucker Stadtplanung konnte auch Dieter Mathois Projekt einer Aufstockung der Häuser an der Ecke Erler-/Meranerstraße realisiert werden. Um innerstädtische Nachverdichtung auf höchstem Niveau geht es hier, um den Bau neuer Stadtvillen beim Projekt „Sillinsel“ von Hans Obermoser. Angelegt als sparsam bebaute, architektonisch durchlässige Oase mitten in der Stadt.

Auf eine grüne Wiese in Erl baut dagegen das Wiener Büro Delugan/Meissl ein neues Festspielhaus neben das „alte“ Passionsspielhaus von Robert Schuller aus den Fünfzigerjahren. Im Gegensatz zu diesem ist das neue winterfest – ob Tirol ein solches braucht, ist allerdings die Frage. Dass es ein exzellentes Stück Architektur werden wird, steht dagegen außer Zweifel. Delugan/Meissl haben den geladenen Wettbewerb gegen internationale Konkurrenz gewonnen. Als dunkles, durch schräge Schlitze asymmetrisch aufgerissenes Gebäude wird es dem weißen, schneckenartig in sich geschlossenen als markanter Antipode gegenübergestellt.