Beim Afroeuropäer statt im Mohren

Möglicherweise diskriminierende Speisebezeichnungen und der Umgang damit sind in aller Munde. Was sagen erst Reuttener Wirtsleute dazu, deren Hotel Mohren heißt – sie schütteln den Kopf.

Von Helmut Mittermayr

Reutte –Eine österreichweite Diskussion hat der Fachbereich für Gastronomie in der Bundeswirtschaftskammer ausgelöst. Er forderte den Verzicht oder die Umbenennung von diskriminierenden Speisebezeichnungen wie Zigeunerschnitzel, Negerbrot oder Mohr im Hemd (die TT berichtete). Eine Branche, die sich der Gastfreundschaft verschrieben habe, solle mit gutem Beispiel vorangehen, hieß es. Mit einer einfachen Umbenennung der Speisekarte wäre es für einen Reuttener Hotelier nicht getan, würde er die Aufforderung der Kammer ernst nehmen – was er nicht tut. Ruepp und seine große Familie führen das Hotel Mohren in Reutte.

Angesprochen auf die von der Kammer aufgeworfene Problematik hat der Reuttener Hotelier und Wirt eine klare Meinung: „Da ist wirklich jede Diskussion überflüssig. Es gibt genug wichtigere Dinge zu tun.“ Sein Sohn Roland räumt ein, dass amerikanische Gäste schon ab und zu die Frage stellen, warum das Hotel ausgerechnet den Namen Mohren trage. „Sobald wir den Hintergrund erklärt haben, sind unsere Gäste aber immer zufriedengestellt.“ In Außenwerbung und Marketing habe man allerdings reagiert und auf die bildliche Darstellungen eines Mohren verzichtet.

Eigentlich weiß niemand, wie es genau zum Namen gekommen ist. Das dürfte im Dunkel der Geschichte verborgen bleiben – es gibt zwei Thesen zur Taufe des Hauses, das 1765 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Roland Ruepp: „Der Reuttener Historiker Richard Lipp glaubt, dass die Heiligen Drei Könige ausschlaggebend waren. Deren Gebeine wurden ja in Mailand gestohlen und nach Köln überführt. Entlang dieser Translationsroute gibt es eine auffällige Häufung an Gasthäusern, die gleich wie die drei Zeichen für die Könige heißen – nämlich Kreuz, Stern und Mohren.“ Das nächste gleichnamige Hotel, Drei Mohren, nun Mohr Life, ist etwa nur 20 Kilometer entfernt in Lermoos zu finden.

Wirtin Maria Ruepp ist Anhängerin der zweiten These: „Gegenüber unseres Gasthauses lag früher ein Salzstadel. Dort sollen reiche Fuhrleute Afrikaner als Bedienstete gehabt haben, die dann hier nächtigten. Nicht umsonst gibt es überall, wo Salz vorkam, den Namen Mohren.“

Küchenchef Thomas Ruepp findet die gesamte Diskussion künstlich hochgezogen und die erwähnten Speisebezeichnungen keineswegs diskriminierend. „Ein Zigeunerschnitzel sagt aus, dass Paprika vorkommt, die Sauce scharf ist und der Ursprung der Speise in Ungarn und Rumänien liegt. Das ist eine regionale Zuordnung und hat doch überhaupt nichts mit einer Abwertung dieser Volksgruppe zu tun. Für mich ist da wirklich kein Unterschied etwa zum Mailänder Schnitzel“, erklärt Thomas Ruepp.

Was denn nun die politisch korrekte Bezeichnung für den Mohren sein könnte, will die TT wissen. „Zum Afroeuropäer“, schießt es aus Roland Ruepp spontan heraus. Das Gelächter an der Bar bestätigt ihn – hier hat die eigene Kammer übers Ziel geschossen.