Tirols Gemeinden sollen stärker kontrolliert werden
Debatte über 42-Millionen-Euro-Verbindlichkeiten von Matrei in Osttirol. BM Köll wehrt sich, erntet aber auch heftige Kritik aus dem Gemeinderat.
Von Peter Nindler
Innsbruck –Einmal mehr stehen die Gemeindefinanzen von Matrei in Osttirol im Mittelpunkt politischer Diskussionen. Die Bezirkshauptmannschaft hat erst unlängst eine Vollprüfung veranlasst. Die Gemeinde hat rund 41,7 Mio. Euro an Verbindlichkeiten, 22 Millionen davon wurden an den kommunalen Abwasserverband übertragen. Das Girokonto der Gemeinde weist ein Minus von 4,4 Mio. Euro auf, dazu kommen noch Leasingverpflichtungen von rund 2,3 Mio. Euro.
Dass die Haftungen, wie vom Rechnungshof festgestellt, nicht im Verschuldungsgrad der Gemeinde aufscheinen, weist Bürgermeister und Landtagsabgeordneter Andreas Köll (VP) „als komplett falsch“ zurück. „Die jährliche Verbandsumlage an den Abwasserverband stellt eine laufende Ausgabe dar, die somit auch vollen Eingang in die Berechnung des Verschuldungsgrades findet. Die zwölf monatlichen Raten umfassen u. a. die laufenden Annuitäten der inklusive Eigentum und Betrieb übertragenen Darlehen der Ortskanalisation.“ Kein Verständnis hat Köll dafür, dass stets Matrei herausgepickt werde, obwohl seit zehn Jahren ein Überschuss im ordentlichen Haushalt erwirtschaftet werde.
Doch der Langzeit-Bürgermeister gerät in seiner Heimatgemeinde gehörig unter Druck. Oswald Steiner von der Matreier Liste will die Rechtfertigungen nicht gelten lassen. „Köll wurschtelt sich von einem Schuldenrekord zum nächsten und hat auch noch die Dreistigkeit, sein eigenes Unvermögen, die Finanzen in Ordnung zu bringen, auf seine Listenkollegen und den gesamten Gemeinderat abzuwälzen.“ Obwohl er das Gemeindekonto lediglich bis zu 500.000 Euro überziehen dürfe, „lässt er die jährliche Überziehung bis 4,4 Mio. Euro von seiner Mehrheit im Gemeinderat beschließen. Das ist gesetzeswidrig.“ Nach einem Jahr hole sich dann Köll mit derselben Vorgangsweise wieder den Freibrief für ein weiteres Jahr.
Massive Kritik übt Steiner in diesem Zusammenhang auch an der Gemeindeaufsicht. „Die Vorgänge in Matrei sind auch eine Angelegenheit der Aufsichtsbehörden des Bezirkes und des Landes, die es so weit kommen haben lassen. Sie haben einfach untätig zugeschaut und eine offensichtliche Gesetzesverletzung einfach nicht geahndet.“
Aufgrund des Rechnungshofberichts verlangten gestern SPÖ, Grüne und FPÖ, dass dem Landesrechnungshof künftig auch die Möglichkeit eingeräumt wird, Gemeinden, Gemeindeverbände und Körperschaften öffentlichen Rechts wie Tourismusverbände zu prüfen.