„Promis“ im U-Ausschuss

Mensdorff als großer Schweiger, ÖIAG-Chef mit „Gedächtnislücken“

Zur Causa Telekom mussten heute ÖIAG-Chef Markus Beyrer und der VP-nahe Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly vor dem U-Ausschuss aussagen. Fragwürdige Geldflüsse und Jagdveranstaltungen standen im Mittelpunkt. Beyrer machte bei der Befragung zu den diversen Jagdeinladungen in seiner Zeit als IV-Generalsekretär Gedächtnislücken geltend. Mensdorff-Pouilly entschlug sich mehrmals der Aussage.

Wien – Im parlamentarischen Korruptions-Untersuchungsausschuss waren am Mittwoch zwei prominente Zeugen geladen. Den Auftakt machte ÖIAG-Chef Markus Beyrer, der zu seiner Rolle im Korruptionssumpf bei der teilstaatlichen Telekom Austria unter Wahrheitspflicht aussagen musste.

Beyrer war in seiner Zeit als Generalsekretär der Industriellenvereinigung auf Jagd in Schottland - geladen hatte der ÖVP-nahe Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly, gezahlt hatte die Telekom. Nach Beyrer musste Mensdorff-Pouilly in den Zeugenstand. Kritiker sehen in ihm die Schaltstelle zwischen der Telekom und der ÖVP, er selbst hat sämtliche Vorwürfe bestritten.

Mensdorff-Pouilly hat am Mittwoch im U-Ausschuss größtenteils geschwiegen. Bei den meisten Fragen der Abgeordneten verwies er auf seinen Status als Beschuldigter in der Telekom-Affäre und entschlug sich der Aussage: „Es geht nicht beides gleichzeitig: Strafverfahren und hier.“ Einzig zu rein jagdlichen Themen gab sich der Lobbyist sehr gesprächig. Versichert hat Mensdorff-Pouilly allerdings, dass er niemals einen Politiker bestochen habe.

Mensdorff-Pouilly hatte von der teilstaatlichen Telekom Austria in den Jahren 2008 und 2009 rund 1,1 Mio. Euro erhalten, was er dafür tat sagte er nicht. Er wollte nicht einmal bestätigen, ob die Unterschrift auf einem Schriftstück die seine sei. Vor den Ermittlungsbehörden soll Mensdorff ausgesagt haben, er habe die für die Telekom erstellte handgeschriebene Studie vernichtet. Das Beraterteam von Mensdorff für die Telekom bestand laut der den Behörden vorliegenden Beraterliste primär aus Hilfskräften auf Basis von freien Mitarbeitern, ging aus den Fragen des SP-Fraktionsvorsitzenden Hannes Jarolim hervor.

„Wenn ich alle Kunden nenne, habe ich bald keine mehr“

Auf eine Frage des BZÖ-Abgeordneten Stefan Petzner bestätigte Mensdorff, dass auch FPK-Obmann Uwe Scheuch bei einer Jagd dabei war. Eingeladen gewesen sei er von einem Kunden, meinte Mensdorf. Mit diesem sei Scheuch befreundet, den Namen nannte er nicht. Dies unterliege dem Geschäftsgeheimnis. „Wenn ich alle Kunden nenne, habe ich bald keine mehr“, so Mensdorff-Pouilly.

Die FPK dementierte, dass Scheuch Jagdgast gewesen sei. Die Kärntner Freiheitlichen bezichtigten gleichzeitig den BZÖ-Abgeordneten Stefan Petzner der Lüge und kündigten „rechtliche Schritte gegen ihn“ an, wie es in einer Aussendung des „FPK-Pressedienstes“ hieß.

Zu seinem Kontakt zum Kabinettschef des ehemaligen VP-Innenministers Ernst Strasser, Christoph Ulmer, hielt Mensdorff fest, dieser habe für seine Frau (Ex-VP-Geschäftsführerin Maria Rauch-Kallat, Anm.) in der Lichtenfelsgasse (ÖVP-Zentrale, Anm.) gearbeitet. Grünen-Abgeordneter Peter Pilz hatte Mensdorff zuvor eine Zahlung von über einer Million Euro an eine Firma Ulmers vorgehalten. „Mein Mandant hält fest, dass seine ,Firma‘ keinerlei Zahlungen von Herrn Alfons Mensdorff-Pouilly erhalten hat“, richtete sich der Rechtsanwalt Christoph Ulmers in einem Schreiben an die TT-Redaktion und begehrte gleichzeitig die Löschung der Berichterstattung zur Vorhaltung von Peter Pilz. „Ich fordere Sie daher namens meines Mandanten auf, die betreffende Passage unverzüglich zu beseitigen und die in Rede stehende Behauptung nicht mehr zu verbreiten“, hieß es in der E-Mail.

„Das sind Wirtschaftsaktionen, aber keine Bestechung“

Zurückgewiesen wurde von Mensdorff allerdings der von Pilz in den Raum gestellte Verdacht, er sei angesichts zahlreicher Barentnahmen aus seinen Unternehmen ein „Geldwäscher“. „Ich habe nie in meinem Leben einem Politiker, einer Politikerin, einer politischen Partei, einer politisch nahestehenden Organisation irgendeine finanzielle Unterstützung, Sponsoring, Spende, Bestechung - was auch immer gemacht. Das, was ich gemacht habe, sind Wirtschaftsaktionen, aber keine Bestechung.“ Auch „dieses dauernde ÖVP-nahe hin oder her“ könne er nicht mehr hören, denn er sei kein ÖVP-Mitglied, so Mensdorff.

ÖVP will mit dem Lobbyisten nichts zu tun gehabt haben

Auch die ÖVP verwahrt sich mittlerweile dagegen, in die Nähe des Lobbyisten gerückt zu werden. ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf betonte heute im Ö1-Mittagsjournal: „Wir haben mit dem Herrn nichts zu tun“, vor allem nicht mit dessen „Machenschaften“. Kopf verwahrte sich dagegen, dass die Politiker und Funktionäre der ÖVP „mit solchen Subjekten“ in einen Topf geworfen werden. Auch Mensdorff zeigte sich im U-Ausschuss genervt darüber, ins ÖVP-Eck gestellt zu werden.

Beyrer mit „Gedächtnislücken“

ÖIAG-Chef Markus Beyrer will sich an die Jagdeinladungen der Telekom Austria und anderer Unternehmen heute kaum noch erinnern können. Im U-Ausschuss gab er am Mittwoch an, nicht mehr zu wissen, wer die Einladungen seitens der Telekom ausgesprochen habe und welche anderen Firmen ähnliche Events veranstaltet hätten.

Er sei von Mitgliedsunternehmen der IV „zu ganz unterschiedlichen Dingen eingeladen“ worden und habe „einen sehr geringen Teil dieser Einladungen“ auch angenommen. Von wem die Einladungen seitens der Telekom gekommen sind? „Keine Ahnung, ich führe darüber nicht Buch.“ Welche anderen Unternehmen ihn noch eingeladen hätten, dazu „habe ich keine wirkliche Erinnerung“. Und bei einer vom VP-nahen Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly organisierten und von der Telekom bezahlten Jagd in Schottland 2008 sei er zwar dabei gewesen, aber an die anderen Teilnehmer „kann ich mich nicht so wirklich erinnern“.

Auf Nachfrage der SPÖ bestätigte Beyrer immerhin, dass auch der als ÖVP-nahe geltende Telekom-Manager Georg Donaubauer in Schottland mit dabei war. Er wird als künftiger Kandidat des Investors Ronny Pecik im Telekom-Vorstand gehandelt. Insgesamt zeigte sich Beyrer von den hartnäckigen Nachfragen zu seinem Hobby etwas entnervt: „Das mit der Jagd geht mir jetzt auch ein bissl auf die Nerven. Die Jagd ist in Österreich ein Brauchtum, das ist eine tolle Geschichte.“

„Kein Druck auf Vertreter des Konzerns ausgeübt“

Nicht glauben will Beyrer, dass der Kabinettschef von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Michael Kloibmüller, - wie in einem internen Aktenvermerk der Telekom festgehalten - Druck auf Vertreter des Konzerns ausgeübt haben könnte, um eine Veröffentlichung der internen Ermittlungsergebnisse zu verhindern. Er kenne das Thema zwar nur aus dritter Hand, aber: „Was mir gesagt wurde ist, dass kein Druck ausgeübt wurde.“ Mit Kloibmüller, übrigens ebenfalls ein Gast auf den Jagden Mensdorff-Pouillys, habe er darüber nicht gesprochen, so Beyrer.

Insgesamt zeigte sich Beyrer bemüht, die seit seinem Amtsantritt in der ÖIAG geleistete Reformarbeit hervorzustreichen. So habe man die Aufklärung der Telekom-Affäre in die Wege geleitet, einen Compliance-Manager installiert und Rückforderungen in die Wege geleitet: „Das kann sich durchaus herzeigen lassen.“

Pilz: „Spendenwäsche“

Der Grüne Fraktionsführer Peter Pilz stellte den Verdacht der „Spendenwäsche“ gegen die Industriellenvereinigung in den Raum. Es gebe Hinweise, dass die Firma Alcatel bei zumindest einem Projekt überhöhte Preise an die Telekom Austria verrechnet habe und dass die Differenzbeträge dann von Alcatel an die IV überwiesen worden seien - und zwar mit der Bestimmung, die Mittel von dort als Parteispende an die ÖVP weiterzuleiten.

Beyrer wies die „Unterstellungen“ des Grünen zurück. Nicht konkret beantworten wollte er allerdings die Frage, ob in seiner Zeit als Generalsekretär der Industriellenvereinigung Gelder von Unternehmen an die ÖVP weitergeleitet wurden. Er versicherte lediglich, „dass in meiner Zeit in der IV alles korrekt abgelaufen ist und wir uns immer an alle Gesetze gehalten haben“. Beyrer gab außerdem an, in den Jahren 1999 bis 2002 Berater von ÖVP-Parteichef Wolfgang Schüssel gewesen zu sein.

Liste der Boni-Empfänger noch immer nicht im Parlament

Die Liste jener 100 Telekom-Manager, die im Jahr 2004 nach einer angeblichen Kursmanipulation rund neun Millionen Euro erhalten haben, ist übrigens immer noch nicht im Parlament eingetroffen. Weiters fehlen dem U-Ausschus sauch jene 200.000 Mails aus der Telekom Austria, die das Magazin „News“ teilweise bereits am 15. Februar veröffentlicht hatte.

ÖIAG- und Telekom-Aufsichtsratschef Markus Beyrer räumte heute als Zeuge ein, noch nicht nachgefragt zu haben, warum diese Unterlagen nicht im Ausschuss sind. Die Staatsanwaltschaft habe die Boni-Liste jedenfalls.

Kritik der Staatsanwaltschaft, wonach selbst sie die Unterlagen von der Telekom nur schleppend erhalten habe, relativierte Beyrer. Diese Vorwürfe seien veraltert, mittlerweile sei die Staatsanwaltschaft mit der Kooperation der Telekom voll zufrieden. (APA/tt.com)