„Und dann landet das Ding in der Ecke“
Der ORF-Postenschacher und seine möglichen Auswirkungen auf die Pressefreiheit. Rubina Möhring im TT-Gespräch.
Innsbruck –In der jährlich von „Reporter ohne Grenzen“ (RSF) veröffentlichten Rangliste zur Pressefreiheit hat sich Österreich 2011 vom siebten auf den fünften Platz verbessert. „Das ist natürlich positiv, aber kein Grund, in Jubel auszubrechen“, erklärt die Präsidentin von „Reporter ohne Grenzen Österreich“, Rubina Möhring, im Gespräch mit der TT.
Schon ein Blick in direkte Nachbarstaaten Österreichs zeige, dass sich Zustände rapide verschlechtern können. So seien die Entwicklungen in Ungarn, das 2011 von Rang 23 auf 40 abrutschte, beunruhigend. Aber auch in Österreich lassen sich immer wieder Tendenzen beobachten, die die gute Position des Landes im internationalen Vergleich in Gefahr bringen. „Die versuchte politische Einflussnahme auf die Postenbesetzung beim ORF hatte auf die Rangliste des vergangenen Jahres noch keinen Einfluss. 2012 wird das nicht mehr so sein. Es ist durchaus möglich, dass Österreich dann zurückgestuft wird“, meint Möhring.
Weit gefährlicher als diese vergleichsweise offensichtlichen Versuche, Entscheidungen zu steuern, sei allerdings eine schrittweise Aufweichung der Pressefreiheit. „Ich vergleiche die Pressefreiheit gerne mit einem Spielzeug“, führt Möhring aus, „zunächst wird es gepflegt und begeistert damit gespielt. Doch irgendwann wird es zu einer Selbstverständlichkeit. Es wird langweilig und dann landet das Ding in der Ecke.“ Eine derartige Entwicklung habe man vor wenigen Wochen beobachten können, als Justizministerin Beatrix Karl im Zuge einer geplanten Änderung der Strafprozessordnung versuchte, die Verschwiegenheitspflicht verschiedener Berufsgruppen und damit auch das Redaktionsgeheimnis aufzuweichen. „Da“, so Möhring, „wurden elementare demokratische Grundsätze in Frage gestellt. Vielleicht weil sie lästig sind.“
Gerade angesichts solcher Versuche sei es wichtig, immer wieder auf die primäre Funktion von Presse und Medien hinzuweisen. „Für die Möglichkeit zur kritischen Auseinandersetzung und das Hinweisen auf Missstände muss weiterhin alles getan werden.“(jole)