Eine Stadt auf der Couch
Europas einzige Stadtpsychologin Cornelia Ehmayer ermittelt, wo bei Österreichs Städten der Schuh drückt. Ihr nächster Fall: Hall.
Sie haben vor zehn Jahren in Wien das „Stadtpsycholgische Büro“ eröffnet. Wie kann man sich die Arbeit vorstellen?
Cornelia Ehmayer: Ich betrachte Städte als lebendige Wesen. Ähnlich wie Menschen haben auch sie unterschiedliche Merkmale und Eigenschaften. Genau wie Menschen wirken Städte sympathisch oder unsympathisch. Meine Aufgabe ist es, Antworten auf die Frage „Welche Gründe gibt es, dass eine Stadt so ist, wie sie ist?“ zu finden.
Und was trägt zu einem Stadt-Charakter bei?
Ehmayer: Dazu gehört die Umgebung der Stadt, ihre Geschichte und Menschen, ihre Bauwerke und ihre Lage. Ganz wichtig ist das soziale Gefüge einer Stadt.
Welche Kriterien muss eine Stadt erfüllen, damit sich Menschen dort so richtig wohl fühlen können?
Ehmayer: Es ist immer wichtig, dass eine Stadt ein Zentrum hat, an dem sich das städtische Leben abspielt. Außerdem braucht jede Stadt Erholungsgebiete, sei es ein Park, ein Teich oder einfach eine verkehrsfreie Zone. Dann darf es von folgenden Dingen nie zu viel geben: Lärm, Verkehr oder Müll. Aber was eine Stadt braucht, hängt von den Menschen ab, die dort leben.
Was war Ihr außergewöhnlichstes Projekt?
Ehmayer: Zwei Monate lang steckte ich gemeinsam mit Mitarbeitern selbst gebastelte Fähnchen in den Hundekot in Wien und wir konnten so erreichen, dass die Dichte an Hundehaufen sichtbar abgenommen hat.
Wo sehen Sie die größten Probleme bei Ihrer Arbeit?
Ehmayer: Es ist notwendig, dass alle sozialen Gruppen einer Stadt zusammenarbeiten. Oft stehen aber gegenseitige Vorurteile im Weg. Einmal wollte ich in eine Kleinstadt im Burgenland gehen. Viele haben mich aber zuvor gewarnt, dass sich die Roma in diesem Stadtteil aufhalten und ich sollte mir eine Waffe mitnehmen. Aber sie haben mich sehr freundlich empfangen und zeigten reges Interesse an einer Zusammenarbeit für mehr Lebensqualität in der Stadt.
Was ist Ihr erster Eindruck von der Stadt Hall?
Ehmayer: Die Menschen empfinden ihre Heimatstadt als schön. Hall hat eine lange, spannende Geschichte. Aber ich nehme die Stadt erst noch genauer unter die Lupe.
Das Gespräch führte Miriam Hotter