Alle werden verrückt geboren

Das Theater praesent zeigt „Warten auf Godot“. Zeit, die stillsteht, vergeht wie im Flug.

Innsbruck –Nein, Estragon und Wladimir, die im Niemandsland auf Godot warten, sind keine Nihilisten. Denn sie können noch hoffen und bangen. Godot ist je nach Stimmung der beiden negativen Helden entweder eine tröstliche Aussicht oder eine schreckliche Gewissheit. „Und wenn wir ihn fallen lassen?“, fragt Estragon. „Dann würde er uns bestrafen“, antwortet Wladimir.

Zerstreuung finden die beiden durch Pozzo und Lucky. Der Herr und sein Diener stehen für die vollkommene Gemeinheit (Pozzo) und das vollkommene Elend (Lucky).Als sie am nächsten Tag wieder erscheinen, ist der Diener stumm geworden und sein Herr erblindet, sodass Lucky Pozzo führen muss. Pozzo kann sich nicht daran erinnern, Wladimir oder Estragon schon einmal begegnet zu sein. „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett ist der Klassiker des Theaters der Moderne. Das Stück ist eine Parabel, ohne jede Handlung, ohne jegliche Entwicklung.

Fabian Kametz hat es in intimem Rahmen auf die Bühne gebracht. Er schafft es hervorragend, das Witzig-Groteske, aber auch das zutiefst Existenzielle herauszuarbeiten. „Wir alle werden verrückt geboren, einige bleiben es“, so beschreibt Estragon die Tatsache, dass alle Menschen in die Gedärme der Welt hineingeworfen sind. Dann wieder hoffnungsfroh: „Wir finden doch immer etwas, um zu glauben, dass wir existieren.“ Die Zeit steht still, das Handeln der Protagonisten mündet in einer Endlosschleife. Täglich warten sie, täglich beschließen sie, sich morgen aufzuhängen. Es ist ein Paradoxon, dass dieser Stillstand für den Zuseher fühlbar wird, die zweieinhalb Stunden aber dennoch wie im Flug vergehen.

Das ist zu allererst der Verdienst der überragenden Leistung von Hans Danner, der einen herrlich desorientierten Estragon gibt. Günter Gräfenberg (Pozzo) und Wolfgang Hundegger (Lucky) ziehen den Zuseher in den Bann, Dominik Kaschke (Wladimir) bleibt blass. Die Kostüme charakterisieren die Figuren trefflich, die Bühne (Martin Kinzelmaier) ist aussagekräftig. Das Theater praesent bietet einen tiefsinnigen und zugleich kurzweiligen Theaterabend. Schülertauglich steht im Programmheft, ein Ausrufezeichen wäre angebracht. (pla)