Serienmörder getötet

Mohamed M. war kein Unbekannter - Kritik an Geheimdienst wird laut

Seit mehreren Jahren wurde Mohamed Merah bereits vom Geheimdienst überwacht, zudem stand er auf der US-Flugverbotsliste. Trotzdem war der 23-Jährige dazu in der Lage sieben Menschen im Zeitraum von einer Woche zu töten.

Toulouse - Nach dem Tod des Serienattentäters von Toulouse werden immer mehr Fragen zu möglichen Versäumnissen des französischen Geheimdienstes laut. Selbst Außenminister Alain Juppé erklärte, dass es im Zusammenhang mit den Mordermittlungen „eine Diskussion über mögliche Schwachstellen“ gebe. Regierungschef Francois Fillon hat das Vorgehen der Sicherheitsbehörden hingegen verteidigt. Es habe keine Möglichkeit gegeben, den 23-Jährigen vor seinen Taten zu ergreifen.

Ein regionaler Ableger des Geheimdienstes in Toulouse zählte Mohamed Merah zu einem kleinen Kreis von Personen, die für ihre Nähe zu radikalen islamistischen Organisationen bekannt waren. „Er wurde seit mehreren Jahren überwacht“, bestätigte Innenminister Gueant am Donnerstag. Für Delikte wie Diebstahl und versuchten Raub wanderte Merah mehrfach hinter Gitter, wo er sich laut Angaben der Staatsanwaltschaft verstärkt dem Koran-Studium gewidmet habe. Zuletzt wurde er Ende Februar erneut zu einem Monat Gefängnisstrafe verurteilt.

Auf US-Flugverbotsliste

Merah war für die Behörden auch außerhalb Frankreichs kein Unbekannter. So stand der getötete Serienattentäter als Terrorverdächtiger auf der US-Flugverbotsliste. Wie am Donnerstag aus Geheimdienstkreisen in Washington verlautete, befand sich Mohamed Merah im Visier der US-Behörden.

Der Franzose algerischen Ursprungs sei „seit einiger Zeit“ auf der Liste von Personen geführt worden, die wegen mutmaßlicher Verbindungen zu Terrorgruppen nicht in die USA fliegen dürfen. Die Liste ist die schärfste ihrer Art, auf ihr sind etwa 4000 Namen verzeichnet.

Nach Angaben aus US-Kreisen war Merah zudem für kurze Zeit von US-Sicherheitskräften in Afghanistan in Haft genommen worden. Es blieb zunächst offen, wann das war und was mit Merah danach passierte. Die Behörden in den USA und Frankreich haben erklärt, Merah sei 2010 in Afghanistan gewesen, um an einem Training islamistischer Militanter teilzunehmen.

Anzeige nicht weiterverfolgt

Schon vor knapp zwei Jahren hat eine Frau aus Toulouse zweimal Anzeige gegen Mohammed Merah erstattet. Sie habe den damals 21-Jährigen angezeigt, weil er ihrem 15-jährigen Sohn Al-Kaida-Videos mit „unerträglichen“ Gewaltszenen gezeigt habe, sagte sie der Internetausgabe der Zeitung „Télégramme“ am Donnerstag. Ihr Anwalt Eric Mouton bestätigte der Nachrichtenagentur AFP die Anzeige, die offenbar nicht weiterverfolgt wurde. Er habe nichts mehr davon gehört.

Merah habe ihrem Sohn Filme von hingerichteten Frauen und Männern mit durchgeschnittenen Kehlen gezeigt. Der spätere Serientäter habe den 15-Jährigen auch geschlagen. Nachdem sie eingeschritten sei, habe Merah auch ihre Tochter und sie selbst geschlagen, berichtete die Frau weiter. Merah sei von seinem älteren Bruder Abdelkader beeinflusst worden, der „Kopf“ des Duos gewesen und oft ins Ausland gereist sei.

Filme sichergestellt

Die Polizei hat am Donnerstag auch jene Kamera sichergestellt, mit der Merah alle seine Taten gefilmt hatte. Der Attentäter hatte den Verhandlern während der stundenlangen Belagerung mitgeteilt, wo er sie aufbewahrt hatte. Laut dem Pariser Staatsanwalt Francois Molin soll er den Ermittlern auch gesagt haben, dass er den Film ins Internet gestellt habe, „aber wir wissen nicht, wo oder wie oder wann“.

Auf dem ersten Video zum Attentat vom 11. März sei Mohammed Merah zu sehen, wie er zu seinem Opfer sagt: „Du tötest meine Brüder, jetzt töte ich dich“. Bei seinem zweiten Attentat auf zwei Fallschirmjäger sei Merah zu sehen, wie er die beiden Soldaten erschießt, bevor er mit seinem Motorroller davonfährt und „Allah Akbar!“ (Gott ist groß) rufe.

Auch die dritte Bluttat in einer jüdischen Schule, wo der 23-Jährige drei Kinder und einen Religionslehrer erschoss, nahm Merah dem Staatsanwalt zufolge auf. Der Islamist, der sich selbst als Mitglied des Terrornetzwerks Al-Kaida bezeichnete, hatte in allen Fällen eine Kamera um seinen Körper geschnallt. (TT.com, APA/AFP)