Psychiatrie: Stromstöße als Therapie

Ins Insulinkoma versetzt wurden Psychiatriepatienten bis in die 60er Jahre. Elektroschocks werden auch heute noch angewandt.

Von Brigitte Warenski

Innsbruck –Nicht nur in Innsbruck (die Tiroler Tageszeitung berichtete am 9. Februar) war an der Psychiatrie die Insulinkomatherapie bis in die 60er Jahre üblich. Um Symptome von Depression und Schizophrenie zu behandeln, wurde auch an der Psychiatrie in Wien Insulin verabreicht und eine Unterzuckerung künstlich herbeigeführt, wie der ORF gestern berichtete. Patienten wurden so bis zu einer halben Stunde im Koma gehalten, was zu schweren geistigen irreversiblen Schäden und zum Tod führen konnte. „Die Komatherapie war damals Standard“, sagt der Innsbrucker Psychiatriechef Wolfgang Fleischhacker. In Wien wird die Historikerkommission dennoch untersuchen, ob diese Methode in den 60ern noch zeitgerecht war. Während heute die Insulinkomatherapie nicht mehr angewendet werden darf, ist die Elektroschocktherapie (Elektrokrampftherapie) erlaubt und gilt immer noch „als hochwirksame Methode vor allem bei therapieresistenten Depressionen“, sagt Fleischhacker. Dass sich Menschen wie früher vor Schmerz aufbäumten, wenn Strom durch das Gehirn gejagt und damit ein epileptischer Anfall herbeigeführt wird, komme heute aber nicht vor. „Man verabreicht immer eine Kurznarkose und dazu ein muskelentspannendes Mittel“, erklärt Fleischhacker. Erlaubt sind nach wie vor auch Ganzkörperfixierungen, „aber mit gepolsterten Gurten und nur, wenn wirklich akute Gefahr für den Patienten selbst oder die Umgebung droht“.