„Ich habe den Kopf hinzuhalten“
Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) über das Sparpaket und seine Konflikte mit der Generalität. Er fordert, dass ab 2016 wieder Geld für Investitionen fließen soll. Er selbst will dann noch Minister sein.
Das Sparpaket betrifft das Bundesheer mit mehr als 600 Millionen Euro. Was wird das Bundesheer danach nicht mehr können, was es jetzt noch kann?
Norbert Darabos: Ich möchte das umdrehen. Ich glaube, dass wir alles können, wenn wir die richtigen Reformen setzen. Das erwarte ich mir auch vom Generalstab und dem Generalstabschef. Wir werden in der Verwaltung einsparen, das Personal im Ministerium um 15 Prozent weiter abbauen, ich habe die Anzahl die Panzer um zwei Drittel reduziert, wir transferieren Personal ins Finanz- und ins Innenministerium. Damit können wir die Kernaufgaben in der gleichen Qualität ausüben, also Katastrophenschutz, Auslandseinsatz und den theoretischen Fall der Landesverteidigung.
Was ist von dieser Landesverteidigung noch übrig?
Darabos: Ich bin verfassungsmäßig angehalten, diese Landesverteidigung zu gewährleisten. Aber richtig ist, dass mit der Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte dieser Fall der Landesverteidigung ein ganz, ganz theoretischer ist. Wir sind umgeben von befreundeten Staaten. Wir haben ganz andere Herausforderungen – Cyberkriminalität oder Terrorismusbekämpfung.
Sie sagen, mit entsprechenden Reformen könne das Heer seine Sparziele erfüllen. Generäle warnen aber vor dem Kaputtsparen. Warum diese unterschiedliche Wahrnehmung?
Darabos: Ich habe das Gefühl, dass das Verhältnis zum Generalstabschef professionell ist und dass er zwar eine etwas andere Meinung hat, aber nicht völlig abweichend von mir agiert. Natürlich versuchen die Belegschaft und der Generalstab, lieb gewordene Traditionen zu erhalten. Wenn aber mehr als 60 Prozent des Budgets für Personalkosten draufgehen, ist der Vorwurf berechtigt, dass wir uns als Selbstverwaltungsladen begreifen. Da müssen wir gegensteuern. Für unsere Reformen sollten wir nach der Konsolidierung aber auch belohnt werden. Daher appelliere ich an das Finanzministerium, dass das Heer ab 2016 mehr Geld für Investitionen bekommt. Damit können wir das Ungleichgewicht zwischen Personalkosten und Sachaufwand weiter reduzieren.
Sie sagen, ab 2016 wird wieder investiert. Dazwischen liegen noch Wahlen. Wollen Sie dann noch Verteidigungsminister sein?
Darabos: Ja. Entgegen anders lautenden Meldungen mache ich das wirklich gerne. Es ist natürlich ein Kampf, diese Reformen auch intern durchzusetzen. Ich habe aber sehr viele Mitstreiter, junge Offiziere, die einen neuen Weg mitbeschreiten wollen. Ich bin auch gern bei der Truppe. Und ich habe nicht das Gefühl, dass dort nur Widerstand und Antipathie mir gegenüber herrscht.
Vorgeworfen wird Ihnen auch, dass beim Sport, für den Sie ebenfalls zuständig sind, die Ausgaben konstant bleiben, während Sie beim Militär zurückgehen.
Darabos: Diese Frage ist ganz einfach beantwortet, weil wir beim Sport die Förderung nur als Durchlaufposten haben.
Es gibt aber auch Verwaltungskosten.
Darabos: Die sind mit zwei Millionen Euro marginal.
Oft entsteht das Gefühl einer Kluft zwischen Ihnen und Ihren Spitzenbeamten. Arbeitet der Generalstab mit Ihnen oder gegen Sie?
Darabos: Er arbeitet mit mir. Aber es gibt da und dort unterschiedliche Meinungen, vor allem, was den Zugang betrifft. Es gibt aber sehr viele reformfreudige Offiziere, die erkannt haben, dass die Legitimation des Bundesheeres nur dann gewährleistet ist, wenn man den Reformprozess mitträgt. Wir müssen aber danach auch dafür sorgen, dass wir wieder mehr Geld bekommen.
Aus der Generalität kommt auch der Vorwurf mangelnder Kommunikation an der Ressortspitze.
Darabos: Wissend, dass es diesen Vorwurf gibt, sage ich, dass wir nicht nur genügend Kommunikation haben, sondern besser dastehen als viele andere Ministerien. Es gibt politische Vorgaben, es gibt regelmäßige Besprechungen. Dass es da und dort auch unterschiedliche Auffassungen gibt, ist normal. Aber dennoch bin ich der Meinung, das Primat der Politik hat zu gelten. Denn ich habe den Kopf hinzuhalten für Entscheidungen.
Sie haben im Zuge des Sparpakets eine Reformgruppe eingesetzt. Werden da auch weitere Kasernen oder Einheiten zugesperrt?
Darabos: Ich orientiere mich politisch am Reformkonzept, das schon 2004 beschlossen wurde, nämlich Schließung von 38 Prozent der Liegenschaften. Das arbeiten wir ab. Es kann da und dort aber auch etwas Neues geben.
Wo kommen dann noch neue Maßnahmen?
In Wien werden wir Liegenschaften zusammenlegen. Die Militärspitäler wird es in der jetzigen Form nicht mehr geben. Und es gibt in der Verwaltung noch einiges anzugehen. Aber natürlich hängt eine tiefgreifende Strukturreform mit dem Wehrsystem insgesamt zusammen. Denn dann ist vieles neu zu bewerten. Ich habe derzeit die drei Pilotprojekte für das Freiwilligenheer laufen, mit denen ich zeigen will, dass die Umstellung möglich ist. Aber ich habe keine Mehrheit mit der ÖVP, das in einen demokratischen Prozess zu formen, sprich Volksbefragung oder Volksabstimmung.
Glauben Sie, dass sich da vor der Wahl 2013 noch etwas bewegt?
Darabos: Ich habe Hoffnung, nachdem Staatssekretär Sebastian Kurz gesagt hat, die ÖVP will mehr Mitsprache der Bevölkerung ermöglichen. Dann würde ich die Frage des Wehrsystems als eine geeignete einstufen. Ich will aber das Koalitionsklima nicht unnötig belasten.
Das Berufsheer also als Thema für die nächste Wahl?
Darabos: Durchaus.
Das Gespräch führte Wolfgang Sablatnig.