Willkommen in der Traumfabrik

Mit der sechsten Generation des Traumsportwagens SL verbindet Mercedes-Benz die große Tradition dieser legendären Baureihe mit faszinierendem Design und vielen technischen Highlights.

Von Walter Schrott

Málaga –Der sechste Spross dieser legendären Baureihe bereitet ein Fest für die Sinne: Tief kauert der Mercedes SL am Asphalt und breit. Die markante Front, die harmonische Linienführung und das muskulöse Heck bringen optische Dynamik und zurückhaltende Eleganz perfekt in Einklang. Ob geschlossen oder offen (das Variodach faltet sich per Knopfdruck in 20 Sekunden ins Heck), der Roadster ist immer eine Augenweide. Das gilt auch für das Interieur, dem man Manufakturqualität zugestehen muss. Man sitzt tief auf perfektem Gestühl und wird von der hohen Schulterlinie umschlossen.

Von der Gefühlswelt zu Fakten: 90 Prozent Aluminium bei Chassis und Karosserie machen aus dem SL einen Leichtathleten. Gegenüber dem Vorgänger hat er um 140 Kilo abgespeckt. Und das ist ein Schlüssel für enorme Agilität bei bestem Abroll- und Fahrkomfort. Die Sicherheit ist serienmäßig mit bekannten Assistenzsystemen vertreten, die sich mit elektronischen Wächtern optional auf Bataillonsstärke hochrüsten lassen. Und was wäre ein neuer Mercedes ohne zumindest eine Innovation. Die nennt sich beim SL Magic Vision Control und wird Begeisterung auslösen. Beim neuen System wird Wasser durch Dutzende winzige Öffnungen (im Winter beheizt) entlang der Wischerarme direkt vor die Wischlippe geführt. Das bringt besten Durchblick und spart 50 Prozent Wasser.

Bei ersten Testfahrten hat uns der SL auf kurvigen Bergstraßen im Hinterland von Málaga in Verzückung versetzt. Beim 500er (der 350er V6 mit 306 PS folgt später) machen acht doppelt aufgeladene Häferl Dampf. Das V-Triebwerk bittet 435 Pferdchen zum Dienst an die Hinterachse und die gehorchen akkurat auf Gasbefehle. Dumpf grummelnd bei niedrigen Drehzahlen oder heißer brüllend beim Tritt aufs Gaspedal, was aus den beiden fetten Endrohren kommt, ist in jedem Fall Musik. Die 7-Gang-Automatik setzt die Kraft perfekt in Vortrieb um. Den 100er-Sprint erledigt der SL in 4,6 Sekunden, bei 250 Sachen wird der Sportler elektronisch an die Leine genommen. 700 (!) Newtonmeter Drehmoment bieten Durchzugskraft ohne Ende. In jedem Fall aber wohnen zwei Charaktere im SL. Der Roadster schleicht beim gemütlichen Cruisen schnurrend und auf Samtpfoten über den Asphalt. Aber er packt die Krallen aus, wenn man ihn zur Kurvenhatz bittet. Da lernt man die hohe Karosseriesteifigkeit schätzen, die gemeinsam mit dem exzellenten Fahrwerk (auf Wunsch mit aktiver Fahrwerksregelung) und der direkten Lenkung für tolle Fahrdynamik und messerscharfes Handling verantwortlich zeichnet. Vor allem die Weiblichkeit wird das elektrische Windschott schätzen, das beim Openair-Fahrspaß allenfalls ein zartes Lüfterl durch die Frisur wehen lässt. Vorausgesetzt man hat die Seitenscheiben geschlossen.

In Summe: Der neue SL bietet ultimativen Fahrspaß bei voller Alltagstauglichkeit und öffnet die Tür zur automobilen Traumfabrik. Der Eintritt ist allerdings gesalzen: Mindestens 103.000 Euro sind für den 350er fällig. Für den 500er muss man schon 137.000 Euro auf den Tisch blättern und die 537 PS starke AMG 63 Version samt 7-Gang-Sportgetriebe ist unter 185.000 Euro nicht zu haben.