Reise

US-Machtzentrum in Pink

Jedes Jahr versprüht die Kirschblüte in Washington einen Hauch von Japan. Der Tag, an dem die ersten Bäume gepflanzt wurden, jährt sich morgen zum hundertsten Mal.

Washington –Eine kleine Zeremonie läutete 1912 ein, was heute zu den größten Touristenattraktionen in Washington zählt: Die damalige Präsidentengattin Helen Taft und die Frau des japanischen Botschafters pflanzten vor einem Jahrhundert zwei Kirschbäume – und legten damit, ohne es zu ahnen, den Keim für eines der meistbeachteten Naturspektakel in den USA: das nationale Kirschblütenfest, das nicht von ungefähr an die bekannte japanische Tradition erinnert.

Denn die ersten 3000 Kirschbäume waren seinerzeit ein Geschenk des Bürgermeisters der japanischen Metropole Tokio. 100 Jahre danach richtet sich Washington wie immer zum Frühlingsanfang auf den Ansturm von über einer Million Besucher ein. Schirmherrin zu dem runden Jubiläum ist niemand Geringeres als die First Lady Michelle Obama.

Immerhin noch 100 der ursprünglichen Bäume reihen sich entlang des Tidal Basins. Am Rande dieses künstlich angelegten Sees, rund drei Kilometer vom Kapitol entfernt, stehen die meisten der insgesamt 3700 Kirschbäume. Den richtigen Zeitpunkt für das Betrachten der Blüten – japanisch „Hanami“ – zu finden, ist auch ein wenig Glückssache. Obwohl das fünfwöchige Festival in Washington gerade erst begonnen hat, öffneten sich die Knospen wegen des ungewöhnlich warmen Wetters früher als erwartet. Kirschbäume blühen nur etwa zehn Tage.

Das Washingtoner Kirschblütenfest, das seit 1935 in dieser Form gefeiert wird, ist aber längst nicht nur von touristischer Bedeutung. Das japanische Geschenk vor 100 Jahren war als Zeichen für enger werdende Beziehungen zwischen den beiden Ländern gedacht. Die Bäume überdauerten die Feindschaft zwischen den Ländern während des Zweiten Weltkrieges. Nach der japanischen Attacke auf Pearl Harbor 1941 setzte die Stadt die Feierlichkeit zunächst aus. Doch schon zwei Jahre nach der Kapitulation Japans lebte die Tradition wieder auf.

Japan setzt auch im Jahrhundert nach der Pflanzung der ersten blühenden Boten auf die Kraft der „Kirschblüten-Diplomatie“. Der Chargé d‘Affaires der japanischen Botschaft, Kazuhide Ishikawa, versicherte den Amerikanern anlässlich des Festes, „unsere Freundschaft auf weitere hundert Jahre zu vertiefen“. Dass die originalen Bäume den 200. Jahrestag noch miterleben, ist allerdings unwahrscheinlich. Laut Johnson hätten die 100 Jahre alten Kirschbäume ihre Lebenserwartung schon mit dem diesjährigen Jubiläum um beinahe das Doppelte überschritten. (APA, dpa)