Pressestimmen zum Parteitag der deutschen FDP

Berlin (APA/AFP/dpa) - Deutsche Zeitungen haben den am Wochenende stattgefundenen Parteitag der liberalen Regierungspartei FDP kommentiert, ...

Berlin (APA/AFP/dpa) - Deutsche Zeitungen haben den am Wochenende stattgefundenen Parteitag der liberalen Regierungspartei FDP kommentiert, die sich zuletzt infolge eines hartnäckigen Umfragetiefs und interner Führungsdebatte in einer schwierigen Phase befand:

„Neue Osnabrücker Zeitung“

„Philipp Rösler hat auf dem Parteitag in Karlsruhe nicht den Befreiungsschlag geschafft, den er so dringend braucht. Die Rede des Wirtschaftsministers und Vizekanzlers war nicht groß, dafür lang. Er bleibt unter Druck und ist nur noch Platzhalter für einen, der es besser kann: Christian Lindner. Schon die Art der Rede macht den Unterschied: Wo Rösler abliest, entwirft Lindner frei redend sein Szenario zur Rettung des Liberalismus. Der 33-Jährige lässt durchblicken, wer an Fehlern in der Vergangenheit Schuld hat: die FDP-Ministerriege, also auch Rösler.“

„Handelsblatt“ (Düsseldorf)

„Die FDP hat das Läuten des Totenglöckchens schon häufiger gehört. Der politische Liberalismus ist trotz aller Unkenrufe in dieser FDP noch immer verortet. Ob sich die FDP mit ihrem Nein zu Staatshilfen für die insolvente Drogeriemarktkette Schlecker nur selbst oder die Marktwirtschaft retten wollte, ist letztendlich unwichtig. Es war ein Weckruf für die vielen heimatlosen Liberalen, die sich schon in die Nichtwählerecke zurückgezogen hatten.“

„Märkische Allgemeine“ (Potsdam)

„Philipp Rösler war vor einem Jahr angetreten, um aus Guido Westerwelles ramponierter Mövenpick-Partei wieder eine ernstzunehmende politische Größe zu machen. Viel erreicht hat er nicht. Dabei ist an seinem Wort vom „schwarz-rot-grünen Einheitsbrei“ durchaus etwas dran. Deutschlands Parteien drängen sich in der sozialdemokratischen Mitte, da müsste Platz sein für eine politische Kraft, die Werte wie Freiheit und Eigenverantwortung hochhält. Allein, die FDP hat mit ihrem Auftreten nach der letzten Bundestagswahl derart viel Vertrauen verspielt, dass es die derzeit handelnden Personen allesamt schwer haben.“

„Berliner Zeitung“

„Die Zukunft der FDP heißt... Rainer Brüderle!? Na ja, jedenfalls gibt er ihr Hoffnung in einer nicht so schönen Gegenwart. Dem Oskar Lafontaine der Liberalen jubelten in Karlsruhe 662 erwachsene Menschen zu. So funktionieren Parteitage. Der alte Haudegen schenkt den Delegierten, was der amtierende Vorsitzende zu entfachen nicht in der Lage ist: Begeisterung. Die brauchen alle Parteien, wenn sie andere zur Wahl animieren wollen - eine politische Vereinigung, die am Rand des eigenen Grabes steht, erst recht.“

„Kölner Stadt-Anzeiger“

„Da wird die FDP den falschen Mann an ihrer Spitze wohl nur loswerden, wenn es sowieso egal ist, wie ihr Vorsitzender heißt. Also dann, wenn die politische Bachblütentherapie eben doch nicht anschlagen sollte. Wolfgang Kubicki im Kieler, Christian Lindner im Düsseldorfer Landtag - das hieße auch: Philipp Rösler bleibt. Denn der eine will nicht, der andere kann - noch - nicht Parteichef werden. Die NRW-Landespolitik nach wenigen Monaten zu verlassen, würde Lindners Glaubwürdigkeit ruinieren. Aber da ist ja noch Rainer Brüderle, der beim Parteitag in Karlsruhe die Herzen der Delegierten erobert hat. Der Altliberale als Hoffnungsträger für die Zukunft? Man muss nur dran glauben.“

„Mitteldeutsche Zeitung“ (Halle)

„Guido Westerwelles Fehler war es, dies liberale Lebensgefühl auf einen steuerpolitischen Dogmatismus zu verengen. So konnte sich die alte FDP-Mixtur aus Mittelstandpolitik, Überwachungsstaatablehnung und Individualismus nicht mehr entfalten. In welcher genauen Zusammensetzung diese Ingredienzien die Programmatik der Partei bevölkern, ist am Ende egal. Sie müssen nur da sein.“