Palästinenser: In israelischer Haft hilft nur Hungerstreik
Ramallah (dpa) - „Ein Hungerstreik ist die einzige Art, auf die sich palästinensische Häftlinge Gehör verschaffen können“, sagt Chader Adnan...
Ramallah (dpa) - „Ein Hungerstreik ist die einzige Art, auf die sich palästinensische Häftlinge Gehör verschaffen können“, sagt Chader Adnan. Das führende Mitglied der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Jihad hat sich seine Freilassung hart erkämpft. Insgesamt 66 Tage verweigerte er die Nahrung, zum Schluss war er dem Tode nahe. Dann gaben die israelischen Behörden im Februar nach und willigten ein, den 34-Jährigen im April freizulassen. Das war keine einfache Entscheidung, denn der Islamische Jihad hat zahlreiche Terroranschläge gegen Israelis verübt, wird vom Erzfeind Iran unterstützt und steht unter anderem auf der EU-Terrorliste.
An Adnans Erfolg haben sich viele andere Häftlinge offensichtlich ein Beispiel genommen. Am Tag seiner Freilassung am Dienstag vergangener Woche traten 1.200 weitere palästinensische Häftlinge in einen unbefristeten Hungerstreik. „Wir wollen frei sein. (...). Auf keinen Fall wollen wir uns zu Tode hungern, aber wir haben einfach keine andere Wahl, als so auf uns aufmerksam zu machen“, sagt der Familienvater nach seiner Freilassung der Nachrichtenagentur dpa.
Die israelischen Behörden äußern sich bisher nur sehr zurückhaltend zu der Protestaktion. „Zu den Behauptungen von Chader Adnan will ich mich nicht äußern. Zu den anderen Hungerstreikenden kann gesagt werden, dass alle ärztlich betreut werden und die notwendige Behandlung bekommen“, antwortete die Sprecherin der israelischen Behörde für den Strafvollzug in der Stadt Ramla auf eine entsprechende Anfrage.
Adnan befand sich in sogenannter Verwaltungshaft. Die kann ohne Anklage von einem Militärrichter verhängt werden. Er entscheidet aufgrund geheimer Informationen der Sicherheitsdienste. Nach jeweils sechs Monaten kann die Haft um ein weiteres halbes Jahr verlängert werden. Wiederum ohne Anklage und Nennung von Gründen. So kann es immer weiter gehen. Manche Häftlinge sitzen auf diese Weise Jahre in völliger Ungewissheit hinter Gittern.
In israelischen Gefängnissen befinden sich insgesamt 4.610 palästinensische „Sicherheitshäftlinge“. Sie gehören meist militanten Gruppen an. Ihnen wurden Straftaten gegen die Sicherheit Israels zur Last gelegt und nicht etwa ein Autodiebstahl. 322 von ihnen sind nach Angaben der palästinensischen Gefangenenhilfsorganisation Addameer Verwaltungshäftlinge.
Bei dem massenhaften Hungerstreik geht es jetzt auch um die Verwaltungshaft. Sie soll abgeschafft werden, lautet eine der Hauptforderungen. Besonders in Rage versetzt die Haftinsassen jedoch auch, dass ihre Angehörigen sich bei Besuchen für die Sicherheitskontrollen oft nackt ausziehen müssen. Außerdem würden die Zellen absichtlich nachts durchsucht.
Nicht viele Menschen seien in der Lage, wie er 66 Tage ohne Nahrung zu überleben, sagt Adnan: „Ich weiß, wovon ich spreche (...), kenne die Schmerzen und Qualen eines Hungerstreikenden.“ In seinem Heimatdorf Arabe im Westjordanland wurde er als Held empfangen. Und: „Wenn man erreicht, wofür man gekämpft hat und seine Freiheit wiedererlangt, zu seinen Freunden und der Familie zurückkehrt, dann ist aller Schmerz vergessen.“