Hannover Messe - Energiebranche steckt Milliarden in neue Kraftwerke

Hannover (APA/Reuters) - Nach der Atomwende will die Energiebranche Milliardensummen in neue Kraftwerke investieren. Geplant seien der Bau u...

Hannover (APA/Reuters) - Nach der Atomwende will die Energiebranche Milliardensummen in neue Kraftwerke investieren. Geplant seien der Bau und die Modernisierung von 84 großen Stromerzeugungsanlagen, teilte der Branchenverband BDEW am Montag auf der Hannover Messe mit. „Die Projekte entsprechen einer installierten Leistung von rund 42.000 Megawatt und einem Investitionsvolumen von mehr als 60 Mrd. Euro.“ Von den 84 Projekten seien 69 mindestens im Genehmigungsverfahren. Hinzu kämen 15, die noch in der Planung seien. Hinter den Vorhaben stünden große Energieversorger ebenso wie Stadtwerke und private Investoren. Dass alle Anlagen auch tatsächlich gebaut werden, ist jedoch keineswegs sicher.

„Trotz der bekannten Risiken geht die Energiewirtschaft insbesondere beim Ausbau großer erneuerbarer Anlagen mit erheblichem Investitionsoptimismus voran“, sagte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Hildegard Müller, in Hannover. Dies dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei den Plänen für Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie ebenso Hindernisse gebe wie bei Kohle- und Gaskraftwerken. „Einige konventionelle Planungen scheinen auf Eis zu liegen.“

Die Branche plant unter anderem den Bau von 23 großen Offshore-Windenergieanlagen, 17 Kohlekraftwerken und zehn Pumpspeicherkraftwerken. Zudem gebe es Überlegungen für 29 Gaskraftwerke. „Hier sind zwar einige Projekte bereits genehmigt, jedoch steht die konkrete Investitionsentscheidung offenbar noch aus, weil die Unternehmen die Wirtschaftlichkeit prüfen“, sagte Müller. Erst kürzlich hatte der norwegische Energiekonzern Statkraft seine Pläne für den Bau eines Gaskraftwerks mit einer Leistung von 430 Megawatt in Emden zu den Akten gelegt. Wegen des Vorrangs von Ökostrom sei zu befürchten, dass eine neue Anlage nicht ausgelastet sei, begründete Statkraft seine Entscheidung.

Die vom Verband vorgelegte Liste spiegle die optimistischste Lösung beim Bau neuer Kraftwerke wider. „Sie zeigt, dass genügend Projekte in der Pipeline sind, um die abgehende Kernenergie zu ersetzen und als Backup für Erneuerbare Energie zu fungieren“, sagte Müller. Ob alle Pläne umgesetzt werden, sei aber offen. Beim Ausbau der Windenergie auf hoher See sei der stockende Netzausbau weiter ein Problem. Zudem müssten noch Fragen der Haftung geklärt werden. Nach der Abschaltung von acht der 17 Atomkraftwerke 2011 bleibe die Versorgungslage auch im kommenden Winter weiter angespannt, sagte Müller. „Für 2012/13 würden wir keine Entwarnung geben.“

Gegen viele Kohlkraftwerke lägen zudem noch Klagen vor. Zu den prominentesten Fälle gehört derzeit das Kohlekraftwerk des Energiekonzerns E.ON im nordrhein-westfälischen Datteln, wo nach einer Klage von Anwohnern die Bauarbeiten seit Jahren weitgehend ruhen. E.ON hat Milliarden in die Anlage investiert, die zur Investitionsruine zu werden droht.

Der Stromverbrauch in Deutschland blieb indes dem Verband zufolge 2011 im Vergleich zum Vorjahr stabil. Mit 540,8 Milliarden Kilowattstunden habe er 0,1 Prozent unter dem Vorjahr gelegen. Der Erdgasverbrauch fiel mit 841,6 Milliarden kWh 13 Prozent niedriger aus als 2010. Der vergleichsweise milde Winter habe dazu geführt, dass der Absatz auf dem Wärmemarkt stark rückläufig war. Die Industrie sei weiter der größte Verbraucher von Strom und Gas. Der Anteil am Stromverbrauch habe bei 47 Prozent gelegen, der Anteil am Gasverbrauch bei 42 Prozent.