Sarkozy sucht am rechten Rand und im Zentrum nach Wählern

Paris (APA) - Der amtierende französische Präsident Nicolas Sarkozy ist in der ersten Runde der Präsidentenwahl zum Opfer seiner eigenen Str...

Paris (APA) - Der amtierende französische Präsident Nicolas Sarkozy ist in der ersten Runde der Präsidentenwahl zum Opfer seiner eigenen Strategie geworden, Stimmen vom rechten Rand des Polit-Spektrums zu bekommen. Marine Le Pen von der rechtsextremen Front National (FN) erzielte mit knapp 18 Prozent aber das historisch beste Ergebnis für ihre Partei, während Sarkozy hinter seinen Hauptkonkurrenten Francois Hollande von den Sozialisten zurückfiel.

Laut Endergebnis hat Hollande einen Vorsprung von 1,45 Prozentpunkten auf den amtierenden Präsidenten. Bekommt Hollande in der Stichwahl auch alle Stimmen von links, käme er auf etwa 44 Prozent. Umfragen der Institute IPSOS, IFOP und CSA ergaben am Sonntagabend aber, dass er sogar mit 54 bis 56 Prozent der Stimmen siegen dürfte. Das impliziert, dass er auch Zustimmung von rechts erhalten dürfte.

Die Anhänger Sarkozys setzen in ihrer schwierigen Lage nun vor allem auf die rednerischen Fähigkeiten des ehemaligen Anwalts, der in Debatten bisher stets punkten konnte. In diesem Sinne forderte der amtierende Präsident bereits drei TV-Duelle mit Hollande anstatt dem einen, das gegenwärtig geplant ist. Der Sozialist lehnte das Angebot mit der Erklärung ab, dass man die Spielregeln nicht während des Spiels ändere. „Wenn man ein schlechter Schüler ist, verlangt man nicht einen neuen Lehrer“, sagte Hollande zu dem Vorschlag des amtierenden Präsidenten. „Wir müssen ihn in die Enge treiben, damit er zu stottern beginnt“, ließ der Chef von Sarkozys regierender UMP (Union für eine Volksbewegung), Jean-Francois Cope, einen Einblick in die Strategie der Konservativen zu.

Dass Sarkozy ins Hintertreffen geraten ist, wird dadurch verstärkt, dass er der erste amtierende Staatschef der 1958 eingeführten Fünften Republik ist, der nach dem ersten Durchgang einer Präsidentenwahl nicht in Führung liegt. Das ist darauf zurückzuführen, dass viele, die 2007 noch für Sarkozy gestimmt hatten, dieses Mal Le Pen ihre Stimme gaben. Marine Le Pen sammelte fast doppelt soviel Stimmen ein wie ihr Vater Jean-Marie Le Pen vor fünf Jahren. „Sie dringt in sozialen Schichten vor, in denen die FN bisher nicht stark vertreten war, nämlich bei den Angestellten im öffentlichen und privaten Bereich und bei der ländlichen Bevölkerung zwischen 35 und 49 Jahren“, analysierte Frederic Dabi vom Meinungsforschungsinstitut IFOP.

Stephane Rozes vom Politikforschungsinstitut CAP weist darauf hin, dass Sarkozy eher seinem aus dem rechtsextremen Lager kommenden Berater Patrick Buisson anstatt seinem traditionellen Ghostwriter Henri Guaino vertraut habe. „Henri Guiano hatte recht, man erobert die rechtsextremen Wähler nicht, indem man die Themen der FN übernimmt“, betonte Rozes. Diese Meinung teilt auch der Ex-UMP-Sprecher Dominique Paillé: „Der zweite Platz von Nicolas Sarkozy und der Vorstoß von Marine Le Pen beweisen, dass die Strategie des amtierenden Präsidenten, einen ganz rechts verankerten Wahlkampf zu führen, keine gute Formel war.“

Um seinen Posten im Elysee-Palast zu halten, ist Sarkozy aber für die Stichwahl nicht nur umso mehr gezwungen, möglichst viele FN-Wähler an seine Seite zu ziehen, sondern auch die Zentrumsbürgerlichen um Francois Bayrou zu halten, der etwas mehr als neun Prozent der Stimmen erhielt. „Ich denke, dass Sarkozy zwischen den beiden Wahlrunden einen rechten Wahlkampf führen wird, aber auf diese Weise wird er die Wähler der Mitte verlieren“, analysierte Rozes. Bereits am Sonntag hatte der Präsident in einer Geste an die Rechte gesagt, die „Ängste“ der Franzosen zu verstehen, und nannte dabei den „Respekt unserer Grenzen“, die „Kontrolle der Immigration“, die „Sicherheit“ und die „Aufwertung der Arbeit“.

Das linke Lager arbeitet unterdessen bereits darauf hin, Sarkozys konservativem Lager eine Niederlage bei den Parlamentswahlen im Juni zu bereiten. „Man kann sich nicht vorstellen, dass die Rechte im Juni wieder auf die Beine kommt, sie wird vielleicht sogar erdrückt werden“, meinte Pascal Perrineau, Direktor des politischen Forschungszentrums der politikwissenschaftlichen Elitehochschule Sciences Po (Cevipof). Sollte es zu einer zweifachen Niederlage für die Konservativen kommen, dürften die personellen Auseinandersetzungen in der UMP umso heftiger ausfallen. Sarkozy hat bereits angekündigt, sich nach einem Scheitern aus der aktiven Politik zurückzuziehen.