Schlepper-Prozess 3 - Ankläger: „Hauptzampanos“ saßen in der Türkei
In seinem Anklagevortrag im Schlepperprozess erläuterte Staatsanwalt Roland Koch am Montag die Vorgangsweise der Organisation. „In der Türke...
In seinem Anklagevortrag im Schlepperprozess erläuterte Staatsanwalt Roland Koch am Montag die Vorgangsweise der Organisation. „In der Türkei sitzen die Hauptzampanos der ganzen Sache.“ Dort befänden sich vier bis fünf namentlich bekannte Personen, auf die die Justiz keinen Zugriff habe. Diese seien dafür bekannt, dass sie Menschen ohne Einreisebewilligung nach Westeuropa brächten.
Der 48-jährige Hauptangeklagte habe sich ab 2008 in Spanien im Baskenland aufgehalten, wo er ebenfalls viele Familienmitglieder gefunden und angeworben habe, die über Western Union die Geldgeschäfte getätigt hätten. Das funktioniere - außer in Somalia und Afghanistan. „Hunderttausende Euro wechseln hier den Besitzer“, so Koch.
Den später als illegale Grenzgänger Aufgegriffenen würden über Rumänien „legale“ Visa besorgt, wobei Rumänen als „Einlader“ fungierten. Nach der scheinbar legalen Einreise seien die Leute in Bukarest in Hotels untergebracht worden. Dann hätten sie andere Mittäter ins ungarische Grenzgebiet gebracht. In teilweise bis zu 20 Kilometer langen Fußmärschen ging es dann über die Grenze. Schließlich wurden die Migranten von Fahrzeugschleppern in die beabsichtigten Zielländer - nach Österreich und Deutschland - gebracht, schilderte Koch.
„In Rumänien gab es jede Menge angeworbener Mittäter“ - von den „Abholern“ in Bukarest bis hin zu jenen, die die Fußschleppung nach Ungarn durchgeführt hätten, so der Staatsanwalt. Alle seien bereits in erster Instanz verurteilt.
„Das Ganze ist überwiegend aufgeflogen durch eine Telefonüberwachung“, die so in Österreich „nicht möglich“ wäre, erläuterte der Ankläger: Die deutschen Behörden führten nämlich in Einzelfällen auch Auslandstelefonüberwachungen durch. Dies sei dann möglich, wenn aufgrund von günstigeren Tarifen fallweise der Datenverkehr beim Roaming über deutsche Server laufe.
So geschehe das auch zum Beispiel mit Telefonaten, die von Spanien mit der Türkei geführt werden - wenn für diesen Tarif Auslandstelefonieren über Deutschland gerade am günstigsten sei. „Kommissar Zufall hilft mit“, meinte Koch. Auf diese Weise habe man den gesamten Telefonverkehr des 48-Jährigen abhören können. Die Verdächtigen seien dann observiert und schließlich festgenommen worden.
Erste „Haltestelle“ bei den Schleppungen in Österreich sei Wien gewesen, in Deutschland war München Zwischenstation. Die beiden Hauptangeklagten hätten innerhalb weniger Monate jeweils acht verschiedene Handynummern benutzt. Am Telefon seien nur Aliasnamen verwendet worden. „Kriminelle Handlungen wurden mit Decknamen bedacht“, so Koch. Dokumente seien etwa als „Hefte“ bezeichnet worden, die vor dem Grenzübertritt zu verbrennen gewesen seien.
Der Prozess soll am Nachmittag mit dem Beweisverfahren fortgesetzt werden. Dann wird auch über den Antrag des Verteidigers entschieden, die Verfahren gegen jene sieben Angeklagten, die sich weitgehend schuldig bekannt hatten, auszuscheiden.