Deutsche Anleihen profitieren von politischer Unsicherheit
Frankfurt (APA/Reuters) - Angesichts einer Regierungskrise in den Niederlanden und eines möglichen Machtwechsels in Paris sind die Anleger a...
Frankfurt (APA/Reuters) - Angesichts einer Regierungskrise in den Niederlanden und eines möglichen Machtwechsels in Paris sind die Anleger an den europäischen Rentenmärkten am Montag auf Nummer sicher gegangen und haben deutsche Bundesanleihen gekauft. Entsprechend fielen die Renditen der klassischen zehnjährigen Papiere auf ein Rekordtief von klar unter 1,6 Prozent. Der Bund-Future stieg umgekehrt auf ein Allzeithoch von über 141 Punkte. Vor allem die Unsicherheit über die politische Zukunft der Niederlande sorgte für Verstimmung. Entsprechend kamen die niederländischen Anleihen unter Druck. Auch der Euro kam nicht ungeschoren davon: Die Gemeinschaftswährung fiel um fast einen US-Cent auf 1,3140 Dollar.
„Für den Markt ist es beunruhigend, dass nun neben der Unsicherheit über Frankreich noch eine Regierungskrise in den Niederlanden dazu kommt“, erklärte Norbert Wuthe, Anleihe-Stratege bei der Bayerischen Landesbank. „Es sieht nicht so aus, als könnten die politischen Probleme in Europa schnell gelöst werden.“ In Den Haag könnte es nach dem Scheitern von Haushaltsverhandlungen am Wochenende zu Neuwahlen kommen, die Kritikern der Euro-Rettungsschirme und des Sparkurses in der Euro-Zone Zulauf bescheren könnten. Damit könnte Deutschland in der Schuldenkrise ein wichtiger Verbündeter für die Durchsetzung einer strafferen Haushaltsdisziplin abhandenkommen.
Mit den geplanten Einschnitten des gescheiterten Haushaltsplans sollte sichergestellt werden, dass die Niederlande das EU-Defizitziel von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht verfehlen. Die Ratingagentur Fitch hatte erst vorige Woche den Niederlanden wegen der anziehenden Staatsverschuldung vor dem Entzug der Spitzenbonität gewarnt. Entsprechend gerieten die niederländischen Anleihen unter Druck, so dass die Renditen der zehnjährigen Papiere auf 2,42 von 2,32 Prozent kletterte. Am CDS-Markt stiegen die Kosten für Ausfallversicherungen niederländischer Anleihen auf den höchsten Stand seit Jänner.
Auch das Ergebnis des ersten Durchlaufs der französischen Präsidentenwahl sorgte für Unsicherheit. „Zwar haben die beiden Spitzenkandidaten bei der französischen Präsidentenwahl in etwa so abgeschnitten, wie nach den offiziellen Prognosen zu erwarten war, doch hat den Markt wohl vor allem das überraschend gute Ergebnis des rechten Lagers beunruhigt“, erklärten die Analysten der Metzler Bank. Der sozialistische Kandidat Francois Hollande hatte mit 28 Prozent mehr Stimmen als Amtsinhaber Nicolas Sarkozy mit knapp 27 Prozent bekommen. An dritter Stelle lag Marine Le Pen von der Front National mit 19 Prozent. Sollte Hollande die Stichwahlen am 6. Mai gewinnen, will er den Fiskalpakt nachverhandeln. Es bestehe die Gefahr, dass die Rhetorik in Frankreich bis dahin eher gegen Globalisierung und somit auch gegen Europa und die Euro-Zone kippen könnte, fürchten die Analysten der Metzler Bank. Schon in den vergangenen Wochen hatte Sarkozy mit Forderung nach einem schwächeren Euro-Kurs zeitweise an den Devisenmärkten für Verunsicherung gesorgt.
Am Rentenmarkt reagierten die Anleger nur auf den ersten Blick mit Verkäufen französischer Staatsanleihen: Die Rendite der zehnjährigen kletterte bis auf 3,15 von 3,09 Prozent. Doch im Verlauf drehten die Titel, so dass die Renditen sogar unter den Freitagsschluss rutschten. Auch der vor zwei Wochen eingeführte Future auf die französischen Anleihen machte eine Kehrtwende und notierte am frühen Nachmittag mit 124,63 Punkten sieben Ticks höher. Die Umsätze lagen dabei höher als die für den italienischen Future, waren im Vergleich zum Bund-Future aber weiter minimal.
Mit Enttäuschung reagierten die Anleger auf die jüngsten Umfragen des Markit-Instituts. Die Einkaufsmanagerindizes für die Euro-Zone und Deutschland waren schlechter als erwartet ausgefallen. Dass der am Freitag veröffentlichte Ifo-Index für Deutschland besser ausgefallen war, bezeichneten einige Börsianer als irritierend. „Nicht alle Indikatoren erzählen uns dasselbe“, erklärte Commerzbank-Analyst Peter Dixon.