Wiener Patria-Prozess als Lehrstunde in Sachen Geldwäsche-Bekämpfung
Wien (APA) - Im Wiener Patria-Prozess haben sich am heutigen Montag unterschiedliche Maßstäbe in Sachen Geldwäschebekämpfung gezeigt. Währen...
Wien (APA) - Im Wiener Patria-Prozess haben sich am heutigen Montag unterschiedliche Maßstäbe in Sachen Geldwäschebekämpfung gezeigt. Während nämlich im steirischen Leibnitz eine Geldtransaktion zwischen dem zweiten Hauptangeklagten Walter Wolf und dem thailändischen Geschäftsmann Apichat Sirithaporn in Höhe von 700.000 Euro wegen mangelnder Unterlagen scheiterte, fand ein Wiener Bankbeamter kurze Zeit später nichts dabei, eben diesen Betrag dem von Sirithaporns Ehefrau bevollmächtigten ersten Hauptangeklagten Hans-Wolfgang Riedl auszuzahlen.
„Auf diesem Konto haben seit Mitte der 1990er Jahre mehrmals Transaktionen dieser Größenordnung und auch größere Umsätze stattgefunden“, sagte der Wiener Bankbeamte Christian I. in der Hauptverhandlung. Daher sei ihm die Barabhebung vom Konto von Frau Chuangchan Sirithaporn nicht eigenartig vorgekommen. Nicht aufgefallen ist ihm damals auch, dass die von Sirithaporn ausgestellte Vollmacht für Riedl gleich zwei Datumsangaben enthalten habe (8. und 12. Februar). „Es fällt mir jetzt auf“, sagte er nach Ansicht des Dokuments. Begründet wurde die am 8. Februar persönlich in die Bank gebrachte Vollmacht damit, dass das Ehepaar Sirithaporn noch vor dem Einlangen des Betrags auf dem Konto nach Thailand abreisen müsste, wohin Riedl das Geld bringen würde.
Da Sirithaporn bestreitet, das Geld bekommen zu haben, vermutet die Staatsanwaltschaft, dass es letztlich bei Schmiergeldempfängern in Slowenien gelandet ist. Überwiesen wurden die 700.000 Euro über eine Briefkastenfirma Wolfs in Liechtenstein, nachdem Riedl mit dem Versuch gescheitert war, seinem Kompagnon einen Anteil an der Erfolgsprovision beim korruptionsverdächtigen Patria-Panzerdeal mit Slowenien zukommen zu lassen. Riedl hatte Anfang Februar insgesamt 2,3 Millionen Euro auf Wolfs Leibnitzer Konto buchen lassen, und war selbst in die steirische Grenzstadt gefahren, um Wolf bei der Behebung des Geldes zu helfen.
Wie der Leibnitzer Bankbeamte Emil C. berichtete, sei vor der Auszahlung die „Mittelverwendung“ zu prüfen gewesen. Bei dem Termin am 7. Februar 2007 gab Wolf unter anderem an, dass er mit dem Geld Traktoren kaufen, ein Haus renovieren und seine Ex-Frau sponsern wolle. In diesen Punkten schenkte C. seinem langjährigen Kunden Glauben. „Nicht plausibel“ seien ihm aber die knapp 700.000 Euro für Apichat Sirithaporn vorgekommen, weswegen die gesamte Transaktion gescheitert sei. Die 2,3 Millionen Euro wurden auf Riedls Konto zurücküberwiesen, der sich gleich in Leibnitz 300.000 Euro auszahlen ließ, von denen er 100.000 Euro an Wolf übergab.
Die Staatsanwaltschaft verdächtigt Riedl, die in Leibnitz und Wien behobenen insgesamt 900.000 Euro zur Bezahlung von Kontaktleuten in Slowenien verwendet zu haben, die Patria zum 280 Millionen Euro schweren Geschäft mit der Laibacher Regierung verholfen haben sollen. Im parallel laufenden Laibacher Prozess ist unter anderem auch der damalige und jetzige Ministerpräsident Janez Jansa als möglicher Schmiergeldempfänger angeklagt. Für die Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.
Wenig zur Wahrheitsfindung beitragen konnte bei der Verhandlung Riedls früherer Mit-Geschäftsführer Walter E., der beim Banktermin in Leibnitz dabei war. Er sei nur mitgefahren, um die Zeit im Auto für eine Besprechung mit Riedl zu nutzen. Von einer Geldabhebung habe er im Vorfeld nichts gewusst. Dagegen hatte Riedl ausgesagt, E. mitgenommen zu haben, weil sich dieser um alle Bankangelegenheiten der Firma gekümmert habe. E. wollte davon aber nichts wissen. „Sie können mich zehnmal fragen, ich kann mich nicht erinnern. Ich habe Herrn Riedl begleitet, es war nicht mein Geschäft“, blockte er alle Fragen von Staatsanwalt Volkert Sackmann zu den Vorgängen in Leibnitz ab.
Dass sich E. nicht einmal an die Barauszahlung von 300.000 Euro an Riedl erinnern konnte, ließ Richterin Marion Zöllner nach eigenen Angaben „keine Ruhe“. „Das ist nichts Alltägliches, dass jemandem 300.000 Euro übergeben werden, das ist etwas, an das man sich erinnern kann“, rief sie aus. „Ich habe nicht vor Augen, wie es übergeben wurde“, erwiderte E. Besser erinnern konnte er sich an den Raststätten-Stopp auf der Rückfahrt nach Wien. Hier seien er und Riedl allein gewesen, betonte E. in Hinblick auf die Vermutung der Staatsanwaltschaft, dass dort eine Geldübergabe hätte stattfinden können. Sie seien eingekehrt, weil sie nach dem langen Banktermin Hunger gehabt hätten, sagte E. Die rhetorische Frage von Richterin Zöllner, warum dann nur zwei Mokka und ein Mineralwasser auf der Rechnung stünden, blieb unbeantwortet.
Die Hauptverhandlung wird am 2. Mai fortgesetzt.