Anshu Jain rettet Ackermanns letzte Quartalsbilanz
Frankfurt (APA/Reuters) - Wenn die Deutsche Bank am Donnerstag ihre Ergebnisse der ersten drei Monate präsentiert, geht eine Ära zu Ende: Es...
Frankfurt (APA/Reuters) - Wenn die Deutsche Bank am Donnerstag ihre Ergebnisse der ersten drei Monate präsentiert, geht eine Ära zu Ende: Es ist die letzte Quartalsbilanz von Josef Ackermann nach zehn Jahren an der Spitze des größten deutschen Geldhauses. Nach dem Platzen der Rekordträume 2011 geht es im ersten Vierteljahr wieder aufwärts. Ausgerechnet das von Ackermanns Nachfolger Anshu Jain geleitete Investmentbanking holt auf und sorgt so doch noch für einen versöhnlichen Abschied des 64-Jährigen. Denn in den ersten Monaten brummt traditionell der Anleihehandel, weil sich viele Unternehmen und Staaten für das Jahr mit frischen Mitteln eindecken. Die leichte Beruhigung der Euro-Schuldenkrise verbessert die Stimmung zusätzlich.
Zwar dürfte die Deutsche Bank wie die meisten US-Konkurrenten die Rekordergebnisse des Vorjahresquartals nicht ganz erreicht haben. Nach Daten von Thomson Reuters Starmine trauen Analysten der Bank im Schnitt einen Vorsteuergewinn von rund 2,4 Mrd. Euro zu - nach gut drei Mrd. Euro vor einem Jahr. Das Kapitalmarktgeschäft, das Ende 2011 wegen der Schuldenkrise weitgehend zum Stillstand gekommen war und im Schlussquartal für einen Verlust gesorgt hatte, bringt nun zumindest wieder Milliardengewinne.
Equinet-Analyst Philipp Häßler traut der Deutschen Bank allein im Investmentbanking im ersten Quartal einen Vorsteuergewinn von 1,9 Mrd. Euro zu. Das Ergebnis kann aber wegen des Anleihebooms zu Jahresbeginn nicht auf das Gesamtjahr hochgerechnet werden. Viel spannender sei daher die Frage, wie die Bank die Chancen für das Kapitalmarktgeschäft (CB&S) für den Rest des Jahres einschätzt, schreiben die Analysten der Credit Suisse in einer Kurzstudie. „Wir gehen davon aus, dass die Einnahmen in CB&S im Gesamtjahr auf Vorjahresniveau liegen werden.“
Ackermann übergibt mit der Hauptversammlung am 31. Mai das Zepter an Jain und Jürgen Fitschen, der bisher unter anderem das Deutschland-Geschäft verantwortet. Die wichtigste Herausforderung des neuen Führungsduos besteht Bank-Insidern zufolge darin, eine Antwort auf den immer schärfer werdenden Gegenwind im Kapitalmarktgeschäft zu finden. Komplexe und damit lukrative Finanzprodukte sind nicht mehr en vogue. Die Regulierer fordern von den Banken zudem deutlich höhere Eigenkapitalquoten als bisher, was die Renditen weiter schmälert. Ackermann warnte schon vor Monaten, das hohe Ertragsniveau früherer Spitzenzeiten sei für Investmentbanken auf absehbare Zeit nicht mehr zu erreichen. „In der Zukunft geht es um Kosten, Kosten, Kosten“, sagt ein hochrangiger Bankmanager. Jain und Fitschen dürften versuchen, mit aller Macht schwächeren Rivalen im Anleihe-, Aktien-, Devisen- und Rohstoffhandel Marktanteile abzujagen, um Größenvorteile ausspielen zu können. Gelingt dies nicht, halten Analysten Stellenstreichungen im Investmentbanking wie bei den meisten Rivalen für unausweichlich.
Im Privatkundengeschäft, das Ackermann über die Jahre zum zweiten Standbein aufgebaut hat, sind Milliardengewinne in einem Quartal ohnehin nicht realistisch, auch wenn die Bedeutung dieses vergleichsweise stabilen Bereichs in den nächsten Jahren kontinuierlich wachsen soll.
Dass Ackermann vor seinem Abtritt noch Ziele für 2012 ausgibt, erwartet niemand. Weiterhin ist die Lage an den Finanzmärkten zu unsicher, denn die Euro-Krise schwelt trotz Griechenland-Rettung weiter. Ackermann macht aber keinen Hehl daraus, dass er einen Konzern-Vorsteuergewinn von zehn Mrd. Euro, für den es 2011 nicht gereicht hat, in einem normalen Jahr für möglich hält.
Finanzchef Stefan Krause muss sich in der Analystenkonferenz auch wieder auf unangenehme Fragen zur Kapitalausstattung einstellen. Die ist mit einer Kernkapitalquote von zuletzt 9,5 Prozent zwar ausreichend, um die neuen strengeren Anforderungen der Regulierer nach Basel III zu erfüllen, aber nicht so üppig wie bei vielen Rivalen in der Schweiz oder in den USA. Spekulationen über eine bevorstehende Kapitalerhöhung weist die Bank bisher deutlich zurück - zuletzt vergangenen Donnerstag. Aber das könnte sich ändern, sagt Analyst Häßler. „Mit dem neuen Führungsduo steigt die Wahrscheinlichkeit, dass da etwas kommt“, ist er sich sicher. Er geht davon aus, dass sich die Deutsche Bank relativ schnell nach dem Chefwechsel fünf bis zehn Milliarden Euro am Kapitalmarkt besorgt. Die Experten von JP Morgan taxieren den Kapitalbedarf auf rund drei Mrd. Euro.
Entlastung könnte der bald erwartete Verkauf des Arzneimittelherstellers Actavis für rund 4,5 Mrd. Euro bringen. Die Deutsche Bank ist größter Gläubiger des in der Schweiz ansässigen Unternehmens. Experten gehen davon aus, dass bei einem Verkauf an den US-Pharmakonzern Watson unter dem Strich - also nach Abschreibungen - bei der Deutschen Bank Eigenkapital freigesetzt werden dürfte, da die Kredite abgelöst werden sollen. Mit der Bekanntgabe des Deals wird in dieser Woche gerechnet - möglicherweise noch vor Donnerstag.