US-Notenbankchef Bernanke behält Trümpfe in der Hinterhand

Washington (APA/Reuters) - Vor der nächsten Zinssitzung der US-Notenbank (Fed) schmälern positive Signale aus der US-Wirtschaft die Neigung ...

Washington (APA/Reuters) - Vor der nächsten Zinssitzung der US-Notenbank (Fed) schmälern positive Signale aus der US-Wirtschaft die Neigung der Fed zu weiteren Anleihe-Käufen. Schließlich hat gleich eine ganze Reihe von Konjunkturzahlen bei Fed-Chef Ben Bernanke und seinen Kollegen Erwartungen geschürt, dass die Wirtschaft in diesem Jahr wieder auf soliden Wachstumskurs einschwenkt. Da aber im März doch wieder ein Dämpfer vom ohnehin kritischen Arbeitsmarkt kam, dürften die Notenbanker bei ihrem Treffen am Dienstag und Mittwoch vor allem eins tun: das strittige Thema der Bond-Käufe erst einmal umschiffen und abwarten, ob die Konjunktur wirklich Fahrt aufnimmt.

Von Reuters befragte Volkswirte rechnen aktuell nur noch zu 30 Prozent damit, dass die Fed ein neues Anleihe-Programm auflegt. Im März lag die Zahl noch bei 33 Prozent. Doch nicht alle Experten stimmen zu, dass die Wahrscheinlichkeit einer neuen Runde der sogenannten Quantitativen Lockerung („quantitative easing“, QE) gesunken ist. So halten elf von 16 befragten Primärhändlern - Großbanken mit direkten Fed-Geschäften - eine neue QE-Runde für möglich.

Weitgehend einig ist sich das Fed-Umfeld aber in der Erwartung, dass Bernanke & Co auch im April ihre neue Kommunikationsoffensive engagiert fortsetzen werden. So wird ein Bekenntnis der Fed zu der Devise erwartet, die Zinsen noch mindestens bis Ende 2014 auf dem Rekordtief nahe null zu belassen. Bekenntnisse dieser Art gehören Primärhändlern zufolge immer stärker zum Repertoire der Fed. In diese Kategorie gehört auch Bernankes Pressekonferenz nach Veröffentlichung der Zinsentscheidung des Offenmarktausschusses (FOMC). Richtungweisende neue Hinweise werden aber dabei nicht erwartet.

„Bernanke wird sich in der Pressekonferenz bemühen, der Fed alle Optionen offenzuhalten“, sagt Fed-Beobachter Bernd Weidensteiner von der Commerzbank. „Angesichts der unsicheren Datenlage wird er aller Voraussicht nach keine Hinweise auf eine weitere Runde der Quantitativen Lockerung geben.“ Auch die ehemalige Fed-Ökonomin Ann Owen sieht die Notenbank mit einer unklaren Situation konfrontiert. „Der Zustand der Wirtschaft spricht nicht für neue Konjunkturmaßnahmen, aber er spricht auch nicht für weniger Einsatz.“

Die US-Wirtschaft hat in den letzten drei Monaten 2011 aufs Jahr hochgerechnet drei Prozent zugelegt. Das Wachstum dürfte aber im ersten Quartal nachgelassen haben. Viele blicken in dieser Situation schon auf das Fed-Treffen im Juni. Dann läuft das Programm der Notenbank aus, mit dem Verkauf kurzfristiger Anleihen und dem Kauf von Bonds mit späterer Fälligkeit die langfristigen Zinsen unten zu halten.

Als entscheidend für die weitere Entwicklung der US-Geldpolitik gilt vor allem der Jobmarkt. Die Arbeitslosenrate sank überraschend schnell auf 8,2 Prozent im März nach über neun Prozent im vergangenen Sommer. Doch Analysten und Fed-Vertreter rechnen damit, dass der Weg steiniger wird. Volkswirte erwarten nun für 2012 eine aufs Jahr hochgerechnete Arbeitslosenquote von 8,1 Prozent - deutlich unter den 8,5 Prozent, die sie noch im Jänner prognostizierten.

Nicht zuletzt deshalb stünden vor allem die aktualisierten Projektionen des FOMC im Interesse, sagt Weidensteiner. Im Jänner habe der FOMC noch eine Arbeitslosenquote von 8,2 bis 8,6 Prozent im vierten Quartal prognostiziert, die Untergrenze sei aber schon im März erreicht worden. „Die kommenden Arbeitsmarktberichte haben eine ungewöhnlich hohe Bedeutung für die Einschätzung der US-Geldpolitik.“ Wenn sich der Rückgang der Arbeitslosenquote wider Erwarten in den nächsten Monaten fortsetze, stehe unter anderem der Inflationsausblick der Fed auf der Kippe. „Auch vor diesem Hintergrund wird Bernanke seine Karten nicht zu früh auf den Tisch legen wollen“, sagt Weidensteiner.