Baumgartner-Interview 3 - „Danach kann es noch nicht vorbei sein“

APA: Wie sehen die mentalen Vorbereitungen aus? Woher beziehen Sie Ihre Kraft?...

APA: Wie sehen die mentalen Vorbereitungen aus? Woher beziehen Sie Ihre Kraft?

Baumgartner: Die Kraft kann ich mir fast nicht holen von meinem Umfeld, weil die ja quasi auf der anderen Seite der Welt sind. Das heißt, es war ein sehr einsames Jahr, das ich heuer hatte und habe. Weil Du mit den eigenen Ängsten beschäftigt bist, Stunden in deiner Kapsel sitzt und nur Zeit mit Dir selbst verbringst. Das ist eine große Einsamkeit, es ist totenstill in dem Anzug, und Du bist von der Umwelt abgeschottet und nur noch eins mit Dir. Aber wo ich mein großes Selbstvertrauen und meine Kraft herhabe, ist der eigene Erfolg. Wenn Du 20 Jahre was machst und Dinge planst, die am Anfang eigentlich unglaublich erscheinen für die meisten Menschen, und Du weißt, dass Du es schaffen kannst, weil Du die Vision hast und nicht locker lässt.

APA: Welche Pläne gibt es für die Zeit nach dem Sprung?

Baumgartner: Ich bin jemand, der das Leben nicht im Detail plant, das wäre langweilig. Aber man muss eine grobe Richtung fixieren. Ich habe die letzten Jahre in jedem Interview immer gesagt, dass das mein letzter Sprung werden wird. Ich habe mir ein zweites Standbein in den letzten Jahren als professioneller Hubschrauberpilot aufgebaut, weil Fliegen immer ein Kindheitstraum von mir war. Dann schaut man auf den Kalender und weiß, dass in drei Monaten alles vorbei ist, was Dein Leben in den letzten fünf Jahren bestimmt hat. Denn Du stehst auf und gehst ins Bett mit Red Bull Stratos und bist jede Sekunde damit beschäftigt. Es ist schwer damit umzugehen und ich denke mir jetzt, dass es da eigentlich noch nicht vorbei sein kann. Ich weiß aber noch nicht, was das Nächste sein wird. Aber das kann noch nicht vorbei sein, dafür bin ich noch zu jung und zu umtriebig. Dafür habe ich noch zu viele Dinge im Kopf.

APA: Sie haben auf Facebook eine Zeichnung aus Ihrer Kindheit mit einem Fallschirm gepostet. Hätten Sie sich jemals gedacht, diese Träume jemals in die Wirklichkeit umsetzen zu können?

Baumgartner: Im Alter von fünf Jahren, wenn Du so eine Zeichnung zeichnest, hast Du bestimmte Träume im Kopf. Ich habe immer den Traum vom Fliegen gehabt und bin schon als kleines Kind immer auf Bäumen geklettert, weil ich immer die Welt von oben sehen wollte. Da hat sich schon abgezeichnet, dass ich in der Luft zu Hause bin. Die Vision, die ich als Kind schon hatte, hat mich dorthin gebracht, wo ich heute bin, nämlich zu Red Bull Stratos.

APA: Haben Sie auf viel verzichten müssen, um dorthin zu kommen?

Baumgartner: Ich habe augenscheinlich auf viel verzichtet, aber ich habe es nie so empfunden, sondern als notwendige Maßnahme, um mein Ziel zu erreichen.

APA: Gibt es noch eine Frage, die Sie beantworten wollen, die bis jetzt nicht gestellt wurde?

Baumgartner: Ich habe in den letzten 22 Jahren so viele Interviews gegeben, ich glaube, es ist schon alles gefragt worden. Wichtig ist mir nur, dass ich von diesem Image als Adrenalin-Junkie oder wilder Hund hinweg bin. Ich bereite mich immer sehr gewissenhaft vor und bin davon sehr, sehr weit weg. Du hast sehr viele Zweifler und Kritiker, und denen willst du nicht recht geben und nicht sterben. Ich hänge nämlich sehr am Leben und habe viel Verantwortung in meinem Leben. Deshalb willst Du auf keinem Fall sterben, sonst hättest Du viele traurige Menschen um dich herum.

(Das Interview führten Sandra Walder und Barbara Buchegger)