Kanzler will ORF-Betriebsräten Wahlrecht in ORF-Gremien entziehen
Wien (APA) - Die Politik denkt wieder einmal über eine ORF-Reform nach. Bundeskanzler Werner Faymann (S) schlägt im „Kurier“ (Dienstagsausga...
Wien (APA) - Die Politik denkt wieder einmal über eine ORF-Reform nach. Bundeskanzler Werner Faymann (S) schlägt im „Kurier“ (Dienstagsausgabe) große Veränderungen in der Organisation des öffentlich-rechtlichen Senders vor. Er will aus dem „unübersichtlichen Stiftungsrat“ einen „ordentlichen Aufsichtsrat“ aus höchstens 10 bis 15 Leuten bilden. Ähnliches hatte schon ÖVP-Klubchef und -Mediensprecher Karlheinz Kopf vorgeschlagen.
Im Moment sitzen 35 Personen im ORF-Stiftungsrat. Dieser ist für die Wahl der ORF-Geschäftsführung, die Absegnung der Budgets und wichtige strategische Weichenstellungen zuständig. Die Bundesregierung entsendet Mitglieder, ebenso die im Parlament vertretenen Parteien, alle neun Bundesländer, der ORF-Publikumsrat sowie der Betriebsrat des Senders. Medien-Staatssekretär Josef Ostermayer (S) wird laut dem Zeitungsbericht eine Arbeitsgruppe einberufen, die Vorschläge für einen neuen ORF machen soll. Die Bundesregierung und das Parlament sollen Mitglieder entsenden, Experten werden noch gesucht.
Entscheidend wird die Frage werden, wer wie viele Mandatare entsenden darf. Faymann kann sich vorstellen, dass man hier ähnlich wie beim Verfassungsgerichtshof vorgehen könnte. Dadurch würden sowohl Regierung als auch Parlament ein Entsendungsrecht erhalten. Der Bundeskanzlers will, dass sich ORF-Aufsichtsräte künftig einem öffentlichen Hearing stellen müssen.
Der Betriebsrat soll laut Faymann vertreten sein, bei Personalentscheidungen aber nicht mitreden dürfen. Im Moment wird im Stiftungsrat entlang der Parteigrenzen abgestimmt, nur wenige Stiftungsräte agieren unabhängig. Es gibt sogenannte Freundeskreise, die aber im Prinzip Vorgaben aus den Parteizentralen umsetzen. Faymann hatte erst kürzlich im Nationalrat gesagt: „Dass Parteien gar nichts mehr zu reden hätten, das gibt es in ganz Europa in keinem öffentlich-rechtlichen Sender.“ Im Gespräch mit dem „Kurier“ meinte er nun: „Die Mitarbeiter müssen vor falscher Einflussnahme geschützt werden.“
Das von Faymann skizzierte Modell würde vor allem die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Bundesländer und der Oppositionsparteien reduzieren. Im Moment entsenden jedes Bundesland und jede Oppositionspartei zumindest einen Stiftungsrat. Dass sich der ORF-Stiftungsrat künftig aus sich heraus erneuert, sieht Faymann skeptisch. Dieses Modell habe sich bei der ÖIAG nicht bewährt. Jedenfalls will der Bundeskanzler von der Arbeitsgruppe schnelle Ergebnisse. „Ich möchte klare Vorschläge so schnell wie möglich, aber spätestens für die Koalitionsverhandlungen nach der nächsten Wahl.“