Bundesbankchef Weidmann lehnt massiven EBZ-Kriseneinsatz ab
New York (APA/dpa-AFX/Reuters) - Bundesbankchef und EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann hat Hoffnungen auf baldige Leitzinssenkungen und einen au...
New York (APA/dpa-AFX/Reuters) - Bundesbankchef und EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann hat Hoffnungen auf baldige Leitzinssenkungen und einen ausgeweiteten Kriseneinsatz der Europäischen Zentralbank (EZB) gedämpft. „Wir müssen sicherstellen, dass wir bei der Lösung der einen Krise nicht den Grundstein für die nächste legen“, sagte Weidmann am Montag laut Redetext vor Ökonomen in New York. Die Geldpolitik sei kein „Allheilmittel“ und „die Feuerkraft“ der Notenbank nicht unbegrenzt - vor allem nicht innerhalb einer Währungsunion.
Der Top-Bundesbanker warnte vor den Nebenwirkungen niedriger Leitzinsen. Forschungsergebnisse hätten gezeigt, dass ultralockere Geldpolitik dazu führte, dass Investoren aggressiver ins Risiko gehen. Die Bemühungen der Notenbanker, akute Risiken bedingungslos abzufedern, könnten langfristig sogar größere Gefahren heraufbeschwören, sagte Weidmann mit Blick auf die Entstehung neuer Vermögenspreisblasen.
Erneut kritisierte der Bundesbankchef, dass Banken aus Krisenländern mit Zentralbankgeld am Leben gehalten würden. Auf diese Weise würden private Risiken zu Steuerzahlern verlagert. „Ob Banken mit Steuergeld gerettet werden, sollte ausschließlich von nationalen Parlamenten entschieden werden“, sagte Weidmann vor dem Hintergrund der jüngsten Debatte um Hilfsgelder aus öffentlichen Töpfen beispielsweise für spanische Banken.
Auch den Forderungen der französischen Spitzenkandidaten Francois Hollande und Nicolas Sarkozy, die EZB neu auszurichten, erteilte Weidmann eine klare Absage, ohne jedoch explizit auf den französischen Wahlkampf einzugehen. Die Rolle der Notenbank müsse klar begrenzt bleiben, um die Kräfte des Marktes bei der Disziplinierung der Haushaltspolitik mitwirken zu lassen. In dieser Hinsicht unterscheide sich die Situation im Euroraum „fundamental“ von der in den USA oder Großbritannien.
Der Wachstumsausblick für die Weltwirtschaft habe sich in den vergangenen Monaten zwar etwas aufgehellt, dennoch blieben Risiken bestehen, von denen die Euro-Schuldenkrise die Menschen in Europa und den USA am meisten beschäftige. Die Krise sei nicht gelöst, betonte Weidmann. Auch wenn „die Euro-Länder ambitionierte Reformen eingeleitet und ihre Brandschutzmauern deutlich erhöht“ hätten. Trotz der erneuten Zuspitzung in den vergangenen zwei Wochen müsse jedoch jeder Schritt beim Krisenmanagement vorsichtig erfolgen.
Die Forderungen nach einem massiveren Einsatz und weiteren Anleihekäufen der EZB stellte Weidmann vor diesem Hintergrund in Frage. Die Notenbanker im Euroraum hätten schon „eine Menge“ getan, um die Krise in den Griff zu bekommen. Nun sei die Politik gefordert, die Wettbewerbsfähigkeit in den angeschlagenen Ländern wie Griechenland, Portugal und Spanien wieder herzustellen. Denn trotz allem dürften die Währungshüter ihre Hauptaufgabe nicht aus dem Blick verlieren und die liege darin, die Geldwertstabilität in der Eurozone insgesamt sicherzustellen.
Weidmann äußerte auch Zweifel daran, ob der IWF mit seiner Inflationsprognose richtig liege. Der Fonds hatte für die Industriestaaten für das Jahr 2012 eine Teuerungsrate von 1,9 und für 2013 von 1,7 Prozent vorhergesagt. „Als Notenbanker bin ich in Sachen Inflation nicht so beruhigt: Zieht man die steigenden Energiepreise und die robuste Kerninflation in Betracht, könnten die Preise schneller steigen als der IWF annimmt.“