Übern Wanderweg in den Job
Das Projekt „Naturwerkstatt Tirol“ hat heuer drei Baustellen im Außerfern im Visier. Für Langzeitarbeitslose bietet sich dadurch die Chance, im Arbeitsleben Fuß zu fassen.
Von Simone Tschol
Außerfern –Enormes Engagement und hunderte Arbeitsstunden werden die Mitarbeiter der Naturwerkstatt auch diesen Sommer wieder im Bezirk Reutte leisten. Das Beschäftigungsprojekt, das von der Tiroler Arbeitsmarktförderungsgesellschaft (amg) im Auftrag des AMS und des Landes Tirol durchgeführt wird, hat ein ganz konkretes Ziel: benachteiligte arbeitslose Menschen in Projekte für die Natur einzusetzen und sie über so genannte Transitarbeitsplätze wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Entstanden ist die Naturwerkstatt 1999 im Zuge der Aufräumarbeiten nach dem Lawinenunglück von Galtür, als 20 Langzeitarbeitslose mit der Beseitigung der Schäden begannen. Inzwischen hat sich das Projekt nicht nur in den Bezirken Landeck und Imst, sondern auch im Außerfern etabliert. „Seit zwei Jahren läuft es auch bei uns sehr gut. Die Mitarbeiter gewinnen ihr Selbstwertgefühl zurück und können zu einem sehr hohen Prozentsatz wieder am Arbeitsmarkt untergebracht werden“, freut sich Klaus Witting, Leiter des AMS in Reutte. Zur Zielgruppe zählen vor allem Langzeitarbeitslose ältere Personen oder Arbeitslose, die benachteiligt sind – aufgrund fehlender Ausbildung oder gesundheitlicher Einschränkungen.
Der Anfang der Naturwerkstatt sei laut Projektleiter Michael Kofler alles andere als leicht gewesen. „Wir mussten uns die Arbeit suchen und haben uns die Wanderwege ,angelacht‘“. Es hat niemanden gegeben, der Interesse hatte, das zu machen, und inzwischen haben wir uns einen echten Namen als Wegebauer und -sanierer gemacht“, sagt Kofler, der Wert darauf legt, dass – soweit wie möglich – bei der Arbeit nur Naturmaterialien zum Einsatz kommen.
Die Naturwerkstatt hat bereits zahlreiche Wanderwege in den Tannheimer Bergen händisch saniert. Dieses Jahr soll der Aufstieg zum Gimplhaus noch in Angriff genommen werden. Kofler: „Beim Bau des Weges wurden unzählige Stufen eingebaut. Viele von ihnen sind inzwischen ausgebrochen und stellen vor allem beim Abstieg eine große Gefahr für die Wanderer dar.“ Aber dies wird im heurigen Sommer nicht die einzige Baustelle der Naturwerkstatt im Außerfern sein. Die Sanierung des Madauer Höhenweges sowie der aktuelle Einsatz zum Lückenschluss am Lechtaler Höhenweg bei Bach stellen das Team vor große Herausforderungen. Und diese sind nicht nur technischer Natur. Von den Arbeitern wird dabei auch voller körperlicher Einsatz verlangt. Teilweise Gehzeiten von eineinhalb Stunden zum Einsatzgebiet sowie der Transport von schweren Materialien und Werkzeug stehen zumeist auf der Tagesordnung.
Die Außerferner Gruppe besteht aus fünf Männern, die von einem sachkundigen Vorarbeiter angeführt werden. Gearbeitet wird von Mitte April bis Anfang November – sofern es das Wetter zulässt. Witting: „Auch wenn einige nicht die ganzen Monate durchhalten, so können wir doch viele von ihnen am Arbeitsmarkt wieder eingliedern. Sei es als Liftpersonal, als Hausmeister in der Hotellerie oder aber auch in Produktionsfirmen wie Plansee.“
Bereits bei der Auswahl der Teilnehmer müssen die Verantwortlichen viel Fingerspitzengefühl beweisen. Schließlich gilt es, ein gut funktionierendes Team zusammenzustellen. Kofler: „Die Anstellung bei der Naturwerkstatt bietet nicht nur eine sinnvolle Beschäftigung und somit einen Ausweg aus der Erwerbslosigkeit. Die Mitarbeiter erweitern ihre handwerklichen Fähigkeiten und erlernen essenzielle Schlüsselkompetenzen wie Teamgeist und Verlässlichkeit.“ Und noch viel bedeutender als der ausbezahlte Lohn oder der Erwerb zusätzlicher Qualifikationen sei das gesteigerte Selbstwertgefühl sowie das wiedergewonnene Pflichtbewusstsein.