Neue Suche nach Bawag-Schuldigen
Zurück an den Start: Ab heute geht es bei der Neuauflage des Bawag-Prozesses wieder um verschwundene Karibik-Millionen, Untreue und die Schuldigen am größten Wirtschaftskrimi der zweiten Republik.
Wien –Bald fünf Jahre nach Beginn des ersten Bawag-Strafprozesses im Juli 2007 wird ab heute das Verfahren zum großen Teil wiederholt. Da das erstinstanzliche, spektakuläre Urteil von Richterin Claudia Bandion-Ortner, der späteren Justizministerin, vom Obersten Gerichtshof in großen Teilen gekippt worden war, müssen nun acht der neun Angeklagten wieder vor den Richter. Beim zweiten Bawag-Prozess, der heute im Wiener Straflandesgericht beginnt, führt Christian Böhm den Vorsitz. Bis 29. Juni sind vorerst 20 Verhandlungstage anberaumt. Der erste Prozess hatte rekordverdächtige 117 Tage gedauert.
Angeklagt ist ab heute der in New York lebende Investmentbanker Wolfgang Flöttl, Sohn des verstorbenen Bawag-Generals Walter Flöttl. Er soll Bawag-Gelder in Milliardenhöhe in der Karibik verspekuliert haben. Weiters auf der Anklagebank sitzen die früheren Bawag-Vorstände Peter Nakowitz, Christian Büttner, Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker. Auch Ex-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger und Ex-Wirtschaftsprüfer Robert Reiter sind noch immer beschuldigt.
Der Hauptangeklagte des ersten Prozesses, Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner, steht diesmal nur wegen einer so genannten Subsidiaranklage der Bawag wieder vor Gericht. Er kann keine zusätzliche Haftstrafe bekommen, da er bereits zur Höchststrafe rechtskräftig verurteilt worden ist. Die Bawag will sich Elsners Pensionsabfindung zurückholen. Elsner wird am 2. Mai erstmals bei der Verhandlung dabei sein. Im ersten Verfahren war er zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, von denen er viereinhalb Jahre abgesessen hat. Aus gesundheitlichen Gründen ist der heute 76-Jährige im Juli 2011 für haftunfähig erklärt worden, eine Prüfung seiner Haftunfähigkeit läuft gerade. Erst kürzlich hatte Elsner für Wirbel gesorgt, als er beim Tanzen in der Wiener Eden-Bar fotografiert worden war. Elsners Frau Ruth sorgte sich indes kürzlich öffentlich, dass ihr Mann an Tuberkulose (TBC) leiden könnte – eine Diagnose ist noch ausständig.
Als einziger der ursprünglich neun Angeklagten nicht mehr vor Gericht muss Johann Zwettler, Elsners Nachfolger an der Bawag-Spitze. Er ist im ersten Verfahren rechtskräftig zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Im Gefängnis saß er nicht – haftunfähig aus gesundheitlichen Gründen.
Ermittelt wird zum Vorwurf der Untreue bzw. Beihilfe: Die frühere Gewerkschaftsbank hatte Flöttl und dessen Karibik-Firma Gelder überlassen, die dieser nach eigenen Angaben bei riskanten Finanzspekulationen verloren hat. Flöttl beteuerte im ersten Bawag-Prozess, das Geld sei weg. Elsner wirft ihm bis heute vor, er habe Geld unterschlagen und für sich behalten – ein Vorwurf, den Flöttl zurückweist.
Das Ausmaß des Bawag-Schadens ist vom Obersten Gerichtshof reduziert worden. Elsner war für einen Schaden von 1,2 Mrd. Euro bestraft worden. Ursprünglich war von 1,72 Mrd. Euro ausgegangen worden. Bekanntlich hatte die Bawag-Führung einst versucht, die Verluste zu vertuschen. Als die Karibik-Spekulationen in Folge des Zusammenbruchs des US-Brokers Refco überhaupt erst bekannt wurden, führte dies letztlich zum Verkauf der Gewerkschaftsbank an den US-Hedgefonds Cerberus. (TT, APA)